Donnerstag, Mai 07, 2020

7. Mai 2020
Stoisch

 
Wir werden heute einsteigen in DIE WILDNIS. In dem "philosophischen Roman" (388)
wird die Gliederung narrativ fingierend zurückgeführt auf den zur alten Cambridger
 Philosophin  Dorothy geschickten Nachlass von Moritz Brandt, in dem sich 3 "sehr lange"
Texte mit den Titeln WILDNIS, SEELE, NICHTS befinden.
 
 

 
 
Ein Morgen
mit Mondenschein
 
Auf zur narrativ vorgetragenen Naturphilosophie!
 
 https://de.wikipedia.org/wiki/Transzendentalismus: Mitte 19. Jahrhundert "Der amerikanische Transzendentalismus vereinigte – auf der Grundlage der Transzendentalphilosophie des deutschen Idealismus – Einflüsse der englischen Romantik, mystische Vorstellungen und indische Philosophien. Mit seiner optimistischen Weltsicht wandte er sich sowohl gegen dogmatische Religionen als auch gegen materialistisches und übertrieben rationalistisches Denken. Die Transzendentalisten traten für eine freiheitliche, selbstverantwortliche und naturzugewandte Lebensführung ein. Von ihnen gingen wesentliche Impulse für die Sklavenbefreiung (Abolitionismus), die Entstehung der Frauenbewegung und der Naturschutzbewegung aus."
 Nach dieser Anmerkung zu S. 48, wo Christopher McCandless sich aufmacht 1990 "into the wild"...
 
Sprung zum sooooooooooooooooooooooooolangen Lesetisch im Glashaus, das mal Gewächshaus war. Natur-Kultur. Epikur und sein philosophischer Garten. Ermahnung des Epiktet (72), obiges  Bild mit Text: "Behalte im Gedächtnis …" - damit fingen wir an gegen 10. Die Sonne machte das geräumige Glashaus hell. Und gegen high noon auch heiß auf sonnigen Plätzen.
Ich las dann das Nachwort vor (388ff) und wir nahmen den Faden wieder auf: warum "Narrative Philosophie"? Hampe nennt hier sein Buch: "dieser philosophische Roman" und spricht (389) von der Anwendung von "Methoden der narrativen Philosophie" in der Verfolgung der Suche nach dem "wirklichen Leben". Der Autor Wolfram Eilenberger, dessen Text ZEIT DER ZAUBERER
wir 2019 besprachen, wird als ein Gesprächspartner erwähnt im Zusammenhang mit einem "literarisch-philosophischen Arbeitskreis".
 
Die philosophischen Themen werden durch fiktive Einträge in zwei Archiven ausgebreitet. Wir begannen (39)  mit archiviertem Text von Moritz Brandt aus seinem Studienaufenthalt in Cambridge, vom Computer KAGAMI im Deutschen Literaturarchiv Marbach (nördlich Stuttgart) gefunden. Beim Treffen mit seiner Professorin Dorothy Cavendish wurde Coleridge (gest. 1834, Highgate / London) diskutiert, englischer romantischer Dichter, Literaturkritiker, Theologe und Philosoph. Das Gespräch mit Dorothy findet der Student "extrem erhellend" (40): Natur immer SPIEGEL (menschlicher Wünsche und Befürchtungen). Eine Schlüsselstelle. Nennen wir dies Natur1. Im Cambridger Gespräch wird vereinbart, diesen Aspekt bei Emerson und Thoreau weiterzuverfolgen.
Im darauf folgenden retrospektiv entstandenen Text der Professorin, den Kagami als Digitalisat im Archiv des College aufgestöbert hat, werden einige der Texte von Moritz Brandt unter "spekulative Philosophie" eingeordnet und in unserem Kreis wird gefragt, was das wohl sei. Nun, es ist die Hauptrichtung der Philosophie zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Wenn zum Beispiel HEGEL in Abgrenzung vom alltäglichen "natürlichen Bewusstsein" über sein Philosophieren schreibt, dann charakterisiert er es als "spekulativ" - erst später bleibt hiervon nur die negativ konnotierte Bedeutung übrig.
 
Ab (43) Die Wildnis. Teil I aus dem schon erwähnten titelgebenden Text von Moritz Brandt. Sprung vom Mount Everest zu Kants "Kritik der Urteilskraft" und dem Erhabenen. "Erhabenheit hat mit Überwältigung zu tun". Nach Kant wirkt erhabene Natur2 gleichsam gewalttätig "auf unsere Einbildungskraft" und in der Natur2 (der Wildnis ausgesetzt) kann es für Menschen gefährlich werden - bis zum Verlust des Lebens durch rücksichtslose Naturkräfte (44). Dies steht im Kontrast zu "Naturregionen, die nicht überwältigen, sondern einzuladen scheinen" (Natur1a  oder 3 ?).
 
In Teil II (weiter Text von Moritz Brandt) taucht dann "der 22-jhge ... Christopher McCandless" auf  (48) und mit ihm ein Geflecht von Narrativ und Philosophieren. Leider passt die Angabe von Anm.8 nicht auf meinen Jon Krakauer Text. Ich schrieb inzwischen ein mail:

 

Volkbert Mike Roth sinnphilopraxis@gmail.com

 
 
Liebe Victoria Laszlo,

in der SinnPraxis Bodensee hat eine Diskussionsgruppe begonnen, "Die Wildnis, die Seele, das Nichts" zu diskutieren. Da im Nachwort vermerkt ist, dass Sie das Literaturverzeichnis erstellt haben und den Text auch korrigierten, wende ich mich an Sie. (Ich bin Privatdozent an der Uni Konstanz)
Betrifft: Erster Tag
S. 48 gibt es Anm. 6 - darin wird (siehe 392) VERWIESEN AUF
"Into the Wild" und zwar die Ausgabe "London 2007"
nun wurde das Original wohl bei Villard (N.Y.) 1996 veröffentlicht und 1997 erschien bei Piper (München/Berlin) eine deutsche Ausgabe.
Ich habe vor mir (leider nur) die Lizenzausgabe der BÜCHERGILDE von 2020. In ihr finde ich das Zitat in HAMPE 2020-S.52 oben auf 259.
In der Anm. 12 wird auf 167 verwiesen. Ist das wirklich eine Stelle in der Londoner Ausgabe -

doch woher stammt der deutsche Text?- "Meist übersetze ich selbst" (M. Hampe) "Das ist das Exemplar, lieber Herr Roth, das ich benutzt habe. Das deutsche ist in meinem Büro, …"
Einige Tage später: Ich habe nun diese National Bestseller- Ausgabe und verstehe, dass Michael Hampe an wichtigen Stellen selber (und genauer) ins Deutsche überträgt. Das betrifft auch den Text  (s. 167 engl. / 241 deutsch) von Chris "I am reborn … Real life has just begun" ,  der den Untertitel von Hampes Buch "Über das wirkliche Leben" vorformuliert. In der gedruckten deutschen Ausgabe steht : "Das wahre Leben …". Gegen Ende seines nur noch kurzen Lebens liest Chris Tolstois FAMILIENGLÜCK zu Ende und streicht an: "dass es im Leben nur ein unzweifelhaftes Glück gebe: für einen anderen zu leben." (243) - "the only certain happiness in life is to live for others" (168).
(20% des Erlöses von Krakauers Buch fließen in ein Stipendium
Er hatte vorher Thoreau, WALDEN gelesen. (Auch auf der  Leseliste von Moritz Brandt)
 
                                                             * * *
S. 50 ist von Unreinheit des Lebens in der "gewöhnlichen Welt" die Rede und zugespitzt vom "nicht wirklichen Leben". Für die Ernsthaften ist "von Menschen unangetastete wilde" (51) Natur4 bzw. 2: "rein" und  reinigt den, der sich möglichst unbewaffnet der Wildnis (reiner Natur) aussetzt und dies überlebt. (Eine Deutung des  Autors HAMPE?) Im Unterschied zur menschlichen Welt, aus der Chris kommt, gelte von der nichtmenschlichen Natur:
  . "ihre Wirklichkeit ist nicht verhandelbar" - und Hampe spricht von 
 der Hoffnung auf einen "spirituellen Sprung (spiritual leap)" /ohne Anmerkung/ in der erfahrenen Grenzsituation (51 unten: "Fast-Sterben und dann Überlebthaben ist das Stärkste, was wir spüren können." (Dies ist aber nicht McCandless, sondern Zitat Messner, s. 393)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Es wurde wacker diskutiert und wir ließen uns Zeit, kamen bis zum Ende des Teils II von DIE WILDNIS (55). Kommendes Treffen 14.5. DO um 18.30 bei Klaus
 
 

 


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ein Gedanke zum "sooooooooooooooooooooooooolangen Lesetisch im Glashaus"

Die aktuelle Corona-Abstand-Situation ist ein PhiloDrama! Allein wegen der Abstand-'Inszenierungen', die wir im Alltag (freiwillig?) 'mitspielen'.

In "Philosophiere!" (Reihe Philosophische Praxis, Bd. 6) und in "Philosophize!" (Reihe Philosophische Praxis, Bd. 6.1) ist Schweigen & Stille der Co-Akteur, welcher auf seine Art und Weise mit RAUM verbunden ist. ...Da sagt man z.B. im Rahmen eines Philosophical Contemplative Retreats bei einem 'Lahavic Walk' zu einander: LET'S BE SILENT - THE SOUL FILLS THE SPACE!
Ja, Schweigen braucht neben ZEIT(-losigkeit) auch RAUM!
UND: Silence must be heard!, - das kennt man ja schon lange; dies besingen gar schon längst heutige NewAge'er!
ABER: Silence must be seen!, - kann man (besonders heute) beim praktischen Philosophieren hinzusetzen!

Es gibt etwas Bemerkenswertes, Originelles und Wunderbares am Brandenburger Tor in Berlin: einen Raum der Stille!
s. online: http://www.raum-der-stille-im-brandenburger-tor.de)
- Mitten in Europa, mitten in einer Millionenstadt, mitten im Touristengetümmel ...gibt es einen Raum, wo man nicht redet, wo man still sein kann und wo es still (Fenster/Türen schalldicht!) IST. Man sitzt dort seelenruhig mit etwa 10 anderen (mehr werden nicht auf einmal hineingelassen), die unterschiedlichen Alters und Geschlechts, unterschiedlicher Religion und Nationalität sind, unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlicher Laune, die sie von draußen mitbringen, - UND alle sind STILL! Man 'versteht' sich gegenseitig gut. Sprechen ist nicht notwendig. Die seltenen Handzeichen reichen vollkommen. Es gibt gewiss auch nicht viel zu 'bereden': man ist hier, um zu SCHWEIGEN, um STILL zu sein. In diesem RAUM, wo Abstand keine Rolle spielt, steht die ZEIT still und ...THE SOUL FILLS THE SPACE. - Eine unglaubliche Erfahrung!
Wer noch nie drinnen gewesen, aber einmal in Berlin ist, sollte unbedingt hin!

Stille ist schon immer auf bestimmte Art mit Raum (und Zeit) verbunden gewesen. Dabei war es gewissermaßen der EINE Raum-Begriff. Nun entsteht heute, in der Corona-Situation, ein NEUER Raum-Begriff? Ein RAUM, der auf eine neue Art nicht nur mit dem Schweigen, sondern auch mit dem Reden verbunden ist. Denn jetzt muss man nicht nur beim MiteinanderREDEN, sondern auch beim MiteinanderSCHWEIGEN gewissen Abstand einhalten.