Montag, Mai 26, 2008

KANT & ICH

ein Workshop zum Thema "Kant und 'ich'" am 6. Juni, bei dem Patricia
Kitcher und Anton Frieidrich Koch neuere Arbeiten zu Kants Ich-Theorie
vorstellen werden
und von Sebastian Rödl, Bernhard Thöle, Daniel Dohrn und mir
kommentiert werden. (Nähere Informationen unter
<http://www.uni-konstanz.de/FuF/Philo/Philosophie/philosophie/
index.php?article_id=218&clang=0
>"Kant und 'ich' "- Workshop)

Die zweite ist der sogenannte "Konstanzer Kant Kurs", zu dem vom
26.-29. Juni Quassim Cassam nach Konstanz kommen wird. (Nähere
Informationen unter
<http://www.uni-konstanz.de/FuF/Philo/Philosophie/philosophie/
index.php?article_id=219&clang=0>Konstanzer
Kant Kurs
2008).

Zu beiden Veranstaltungen sind alle interessierten Mitglieder des
Fachbereichs herzlich eingeladen. Es wäre zudem nett, wenn Sie ggf.
in Ihren Lehrveranstaltungen auf sie hinweisen könnten. Was hiermit
gern geschieht

Sonntag, Mai 25, 2008

MONOTHEISMUS DER VERNUNFT - POLYTHEISMUS DER KUNST #[Das älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus]

in Hegels Hand

eine Ethik. Da die ganze Metaphysik künftig in die Moral fällt – wovon Kant mit seinen beiden praktischen Postulaten nur ein Beispiel gegeben, nichts erschöpft hat –, so wird diese Ethik nichts anderes als ein vollständiges System aller Ideen oder, was dasselbe ist, aller praktischen Postulate sein. Die erste Idee ist natürlich die Vorstellung von mir selbst als einem absolut freien Wesen. Mit dem freien, selbstbewußten Wesen tritt zugleich eine ganze Welt – aus dem Nichts hervor – die einzig wahre und gedenkbare Schöpfung aus Nichts. – Hier werde ich auf die Felder der Physik herabsteigen; die Frage ist diese: Wie muß eine Welt für ein moralisches Wesen beschaffen sein? Ich möchte unserer langsamen, an Experimenten mühsam schreitenden Physik einmal wieder Flügel geben.

So, wenn die Philosophie die Ideen, die Erfahrung die Data angibt, können wir endlich die Physik im Großen bekommen, die ich von späteren Zeitaltern erwarte. Es scheint nicht, daß die jetzige Physik einen schöpferischen Geist, wie der unsrige ist oder sein soll, befriedigen könne.

Von der Natur komme ich aufs Menschenwerk. Die Idee der Menschheit voran, will ich zeigen, daß es keine Idee vom Staat gibt, weil der Staat etwas Mechanisches ist, so wenig als es eine Idee von einer Maschine gibt. Nur was Gegenstand der Freiheit ist, heißt Idee. Wir müssen also auch über den Staat hinaus! – Denn jeder Staat muß freie Menschen als mechanisches Räderwerk behandeln; und das soll er nicht; also soll er aufhören. Ihr seht von selbst, daß hier alle die Ideen, vom ewigen Frieden u.s.w. nur untergeordnete Ideen einer höheren Idee sind: Zugleich will ich hier die Prinzipien für eine Geschichte der Menschheit niederlegen und das ganze elende Menschenwerk von Staat, Verfassung, Regierung, Gesetzgebung bis auf die Haut entblößen. Endlich kommen die Ideen von einer moralischen Welt, Gottheit, Unsterblichkeit, – Umsturz alles Afterglaubens, Verfolgung des Priestertums, das neuerdings Vernunft heuchelt, durch die Vernunft selbst. – Absolute Freiheit aller Geister, die die intellektuelle Welt in sich tragen und weder Gott noch Unsterblichkeit außer sich suchen dürfen.

Zuletzt die Idee, die alle vereinigt, die Idee der Schönheit, das Wort in höherem platonischen Sinne genommen. Ich bin nun überzeugt, daß der höchste Akt der Vernunft, der, indem sie alle Ideen umfaßt, ein ästhetischer Akt ist und daß Wahrheit und Güte nur in der Schönheit verschwistert sind. Der Philosoph muß ebensoviel ästhetische Kraft besitzen als der Dichter. Die Menschen ohne ästhetischen Sinn sind unsere Buchstabenphilosophen. Die Philosophie des Geistes ist eine ästhetische Philosophie. Man kann in nichts geistreich sein, selbst über Geschichte kann man nicht geistreich raisonnieren – ohne ästhetischen Sinn. Hier soll offenbar werden, woran es eigentlich den Menschen fehlt, die keine Ideen verstehen – und treuherzig genug gestehen, daß ihnen alles dunkel ist, sobald es über Tabellen und Register hinausgeht.

Die Poesie bekommt dadurch eine höhere Würde, sie wird am Ende wieder, was sie am Anfang war – Lehrerin der Menschheit; denn es gibt keine Philosophie, keine Geschichte mehr, die Dichtkunst allein wird alle übrigen Wissenschaften und Künste überleben.

Zu gleicher Zeit hören wir so oft, der große Haufen müsse eine sinnliche Religion haben. Nicht nur der große Haufen, auch der Philosoph bedarf ihrer. Monotheismus der Vernunft [⇐235][236⇒] und des Herzens, Polytheismus der Einbildungskraft und der Kunst, dies ist's, was wir bedürfen!

Zuerst werde ich hier von einer Idee sprechen, die, soviel ich weiß, noch in keines Menschen Sinn gekommen ist – wir müssen eine neue Mythologie haben, diese Mythologie aber muß im Dienste der Ideen stehen, sie muß eine Mythologie der Vernunft werden.

Ehe wir die Ideen ästhetisch, d. h. mythologisch machen, haben sie für das Volk kein Interesse; und umgekehrt, ehe die Mythologie vernünftig ist, muß sich der Philosoph ihrer schämen. So müssen endlich Aufgeklärte und Unaufgeklärte sich die Hand reichen, die Mythologie muß philosophisch werden und das Volk vernünftig, und die Philosophie muß mythologisch werden, um die Philosophen sinnlich zu machen. Dann herrscht ewige Einheit unter uns. Nimmer der verachtende Blick, nimmer das blinde Zittern des Volks vor seinen Weisen und Priestern. Dann erst erwartet uns gleiche Ausbildung aller Kräfte, des Einzelnen sowohl als aller Individuen. Keine Kraft wird mehr unterdrückt werden. Dann herrscht allgemeine Freiheit und Gleichheit der Geister! – Ein höherer Geist, vom Himmel gesandt, muß diese neue Religion unter uns stiften, sie wird das letzte, größte Werk der Menschheit sein. ([⇐236] in Quelle : Hegel 1, Ffm)

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 1, Frankfurt a. M. 1979, S. 234-237.
Lizenz:
Kategorien:
Deutscher Idealismus

siehe auch:
Theorie der Romantik, reclam1808, 54ff dort als Autoren: Hegel/Schelling/Hölderlin
der Text entstand wohl 1 7 9 7 in Ffm & war bis 1917 unbekannt; T I T E L ?
[ ... ] erfunden von Rosenzweig


Das älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus


Groß muss die Freude bei Franz Rosenzweig gewesen sein, als er 1913 bei einer Auktion der Königlichen Bibliothek in Berlin ein doppelseitig mit der Handschrift Hegels bedecktes Blatt Papier erwarb. Glaubte er doch, mit diesem Papier eines der Gründungsdokumente des deutschen Idealismus gefunden zu haben, über dessen Frühgeschichte seinerzeit noch kaum Kenntnis bestand. Infolge dessen betitelte Rosenzweig seinen Fund auch »Das älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus«. Bei einem genaueren Blick auf den Inhalt des überschwänglich betitelten Fundes erweist sich jedoch schnell, dass der Titel mehr verspricht, als der Inhalt letztlich halten kann. Denn wenn man diesen einmal beiseite lässt, dann handelt es sich bei dem Dokument in erster Linie um nichts anderes als ein Fragment, welches eine Reihe von aneinander gereihten und zum Teil sehr radikalen Gedankenansätzen enthält, die in keiner Weise richtig durchdacht, geschweige denn begründet werden. Obwohl der Text eine klare programmatische Tendenz aufweist, kann von einer Systematik keine Rede sein und auch die Ehre, das älteste Dokument aus der Frühzeit des Idealismus zu sein, wird dem zwischen 1795 und 1797 entstandenen Text nach Ansicht einiger Rezensenten von einem noch älteren Fragment Hölderlins (»Urtheil und Seyn«) streitig gemacht. Auch die Frage nach der Autorenschaft konnte im Verlauf der Rezensionsgeschichte des Textes nicht geklärt werden. Die Elemente des Textes lassen sowohl Hegel, als auch Schelling oder Hölderlin als Autoren in Frage kommen, vielleicht sind auch alle drei an der Autorenschaft beteiligt und haben das ›Ich‹, mit dem der Autor agiert, als eine synthetische Einheit geschaffen – prinzipiell ist jedoch jeder als Autor denkbar, der sich in ihrem Kreis bewegte, über ein fundiertes philosophisches Hintergrundwissen verfügte und insbesondere mit den Werken Kants, Fichtes und Schillers vertraut war. Trotz (oder vielleicht gerade wegen) dieser Ungereimtheiten hat das Dokument seit seiner ersten Publikation bei den Geisteswissenschaftlern unterschiedlicher Fakultäten eine begeisterte Aufnahme gefunden und zu einer schier unüberschaubaren Flut von Publikationen geführt. Daran hat sicherlich Rosenzweigs Titelwahl einen nicht zu unterschätzenden Anteil und man könnte sich der Meinung Safranskis anschließen, der den Text schlicht für überbewertet hält. Aber auch wenn er nicht die erhoffte Aufklärung über die Frühgeschichte des Idealismus gebracht hat und die erhaltene Aufmerksamkeit in keinem Verhältnis zu seiner eigentlichen Bedeutung stehen mag, stellt er dennoch ein bemerkenswertes Dokument dar, welches den damaligen Zeitgeist und einige der Denkrichtungen der Frühromantiker um Hegel, Schelling und Hölderlin auf eine interessante Weise widerspiegelt.

Der forsche Ton, mit dem bestehende Verhältnisse angeklagt und weit reichende Änderungen gefordert werden, stellt ein gutes Zeugnis für den damals im Geiste der französischen Revolution aufgekommenen Drang der Frühromantiker nach Freiheit und Veränderung dar. Die Leichtigkeit, mit der an den ehrwürdigen Institutionen Staat und Kirche und aller Art Tradition gerüttelt wird, erinnert an Schillers Wort: ›Der Mensch ist nur da Mensch wo er spielt‹ – und in der Tat steckt der Autor schon fast leichtfertig spielerisch mit Riesenschritten das Feld ab, dass er zu wandeln sich vornimmt.

Der erste Schritt führt zur Philosophie. Hier gedenkt der Autor, ausgehend von zwei der drei praktischen Postulate Kants (das Dasein Gottes und die Unsterblichkeit der Seele) ein vollständiges System aller Postulate beziehungsweise Ideen aufzustellen und damit die Philosophie zu vollenden. Als erste Idee bezeichnet er, ganz nach Fichte, die Vorstellung des Selbst oder des Ich als einem absolut freien Wesen, das sich kraft seiner Freiheit selbst Gesetze gibt und beim Übertritt vom Nichts ins Dasein eine ganze Welt mitbringt. Dieser Gedanke der Entstehung einer Welt mit dem freien Ich aus dem Nichts heraus ist insofern bedeutsam, als die Frühromantiker glaubten, dass die von ihnen überall wahrgenommene Entfremdung und Entzweiung des Lebens auf allen Ebenen sich in dieser Welt des Ichs aufheben kann. Dieser Drang nach einer Einheit des Lebens zeigt sich bereits beim nächsten Riesenschritt, den der Autor übergangslos von der Philosophie zur Physik vollführt. Hier stellt sich dem Autor nicht die Frage, wie der Mensch angesichts einer determinierten Natur beschaffen sein muss, sondern, getreu der ersten Idee, welche Beschaffenheit die Welt angesichts der absoluten Freiheit des Menschen aufweisen muss. Die Physik hatte sich seit dem 17. Jahrhundert immer stärker von der Philosophie gelöst und hatte den Weg der Empirie und der experimentellen Vorgehensweise eingeschlagen. Der Autor möchte die Physik, die in seinen Augen nur langsam voranschreitet und unserem schöpferischen Geist wenig zu bieten hat, wieder in den Schoß der Philosophie zurückholen. Der Grundgedanke ist der, die Erfahrung, die sich als Gegenstand der Physik von den Ideen der Vernunft entfernt hat, wieder mit der Vernunft zu vereinen. Aus dieser Vereinigung verspricht sich der Autor eine Physik im Großen, die beflügelt zu großen Erkenntnissen gelangen kann. Worin die Größe einer durch die Ideen der Philosophie geleiteten Physik jedoch bestehen könnte und wie sie der Autor sich vorstellt, bleibt ungesagt und weniger als angedeutet – wie im Rausch springt der Autor weiter zum ›Menschenwerk‹, unter welchem er in erster Linie Staat und Religion versteht. An dieser Stelle zeigt sich deutlich der Einfluss Friedrich Schillers, dessen 1795 erschienenen »Briefe über die aesthetische Erziehung des Menschengeschlechts« einen bleibenden Eindruck auf viele Frühromantiker hinterlassen hat. Diese Briefe stellten einen Versuch dar, das Scheitern der französischen Revolution auf humanistischer Ebene zu erklären und dabei auch einen Ansatz vorzustellen, wie das verfehlte Ziel auf anderem Weg zu erreichen ist.

In diesen Briefen hatte Schiller den modernen Staat mehrmals mit einem mechanischen Uhrwerk verglichen, der in seinem abstrakten Funktionieren seinen Bürgern fremd bleibt.1 Auch der Autor des Systemprogramms sieht den Staat als einen Mechanismus, der seine Bürger zwangsläufig wie Funktionseinheiten behandeln muss. Über einen solchen Staat will er hinaus und so fordert er dann auch kurz und knapp, dass der Uhrwerk-Staat aufzuhören hat. Der Staat ist also abzuschaffen – aber mit welcher Alternative? Soll ein sich selbst organisierender Anarchismus oder etwa eine Demokratie an die Stelle des Despotismus treten? Auch hier bleibt der Autor dem interessierten Leser eine Antwort schuldig; er fährt fort, in dem er ankündigt, die Prinzipien einer Geschichte der Menschheit aufstellen zu wollen, welche wiederum einen Versuch zur Umstülpung aktueller Verhältnisse darstellt. Vor allem die Vernunft heuchelnden Priester sollen von ihrem ehernen Thron gestoßen und der Jenseitsglaube der christlichen Religion umgestürzt werden, mit dem Ziel, die erste Idee in jedem Individuum auch auf gesellschaftlicher und religiöser Ebene umzusetzen – als die »[a]bsolute Freiheit aller Geister, die […] weder Gott noch Unsterblichkeit außer sich suchen dürfen«.2 Hier wird der Einfluss von Fichtes Philosophie offenbar, der „in Gott“ (nichts als M.R.) die lebendige und wirkende moralische Ordnung gesehen hatte. Diese Ordnung besteht in jedem Menschen als das Sittengesetz und dieses Sittengesetz ist die einzige Autorität, die im Raum der Freiheit des Ichs noch verbleibt. Diese innere moralische Ordnung des Menschen gegen alle Widerstände auch in der Umwelt herzustellen und somit Mensch und Umwelt, Ich und Nicht-Ich in Einklang zu bringen, kann als eines der vorrangigen Interessen der Frühromantiker und damit auch des Autors des Systemprogramms geltend gemacht werden. Die alles vereinigende Idee soll dabei die Idee der Schönheit sein. Auch dieser Gedankengang trägt die Prägung Schillers, der in den oben bereits erwähnten Briefen diese vereinigende Wirkung der Idee der Schönheit bereits vorgedacht hatte. Die absolute Freiheit, die dem Menschen zufallen soll, kann sich nur infolge der vereinigenden Wirkung der Idee der Schönheit einstellen. Schiller sieht das ästhetische Urteil als frei von den Zwängen der materiellen Welt und der sittlichen Ordnung - es ist nicht bestimmt, sondern auf eine unendliche Weise bestimmbar und somit sowohl im positiven, als auch im negativen Sinne frei. Der ästhetische Zustand ist damit auch der fruchtbarste hinsichtlich Erkenntnis und Moralität und um diesen fruchtbarsten Zustand in möglichst allen Lebensbereichen zu etablieren, fordert der Autor des Systemprogramms auch, dass das ästhetische Urteil alle anderen Urteile leiten oder zumindest begleiten soll. Dass der Poesie im weiteren Sinn der Wert verliehen wird, der Idee der Schönheit zu korrespondieren und allen übrigen Künsten und auch Wissenschaft und Philosophie überlegen zu sein, kann sicherlich auf Hölderlins zurückgeführt werden – der, wenn er kein Autor war, denselben zumindest beeinflusst haben dürfte.

Im letzten Schritt kündigt der Autor eine Idee an, die mit der Niederschrift im Systemprogramm das erste Mal die Bühne des geistigen Lebens betritt – zumindest wird dies im Systemprogramm behauptet. Um den Mangel an sinnlicher Religion – sowohl bei dem ›großen Haufen‹ als auch bei den Philosophen – auszugleichen und einen »Monotheismus der Vernunft und des Herzens [und einen] Polytheismus der Einbildungskraft und der Kunst«3 zu etablieren, schlägt der Autor die Errichtung einer Mythologie der Vernunft vor. Dabei sollen die leitenden Ideen mythologisch und die Mythologie vernünftig werden, um auf der einen Seite die Ideen für das Volk interessant zu machen und auf der anderen eine Mythologie zu errichten, für die der Philosoph sich nicht schämen muss. Dieser Gedankengang kann jedoch nicht die Originalität vorweisen, die der Autor für ihn beansprucht. Denn er geht eigentlich auf Immanuel Kant zurück, der ihn in ähnlicher Form bereits in dem philosophischen Entwurf »Zum ewigen Frieden« und vor allem in der kleineren Schrift »Die Religion innerhalb der Grenzen der reinen Vernunft« gedacht und darauf hingewiesen hatte, dass sich die Elemente einer Volksreligion, die im Systemprogramms erwähnt werden, bereits im antiken Griechenland finden lassen.4 Von einer solchen Mythologie der Vernunft verspricht sich der Autor die höchstmögliche Stufe gesellschaftlicher Einheit und Freiheit. Gebildete und Ungebildete sollen sich die Hand reichen, bisherige gesellschaftliche Schranken fallen und Voreingenommenheiten verschwinden und eine allgemeine Freiheit und Gleichheit aller Geister hervorbringen. Mit diesem letzten Schritt schlägt der Autor einen Versuch vor, die Einheit, welche die Idee der Schönheit auf der Ebene der Ideen herbeizuführen in der Lage sei, auch auf gesellschaftlicher Ebene herzustellen. Dieser Versuch bewegt sich wiederum im Geiste der ›Briefe‹ Schillers, welcher zuallererst der Idee der Schönheit eine solchermaßen umfassende vereinigende Wirkung zugedacht hatte. Im Gegensatz zu Schiller distanziert der Autor des Systemprogramms sich jedoch nicht von der französischen Revolution; er begnügt sich nicht damit, auf eine allmähliche, innere Reform der Denkweise hinwirken zu wollen. Im Systemprogramm wird explizit der Umsturz gefordert und zur Andeutung des Endziels auf gesellschaftlicher Ebene dient die Parole der französischen Revolution, so dass man davon ausgehen kann, dass der Autor auch handfestere Methoden beim Umsetzen seiner Ideen gedanklich nicht ausgeschlossen hat.

Das älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus zeigt sich sicherlich in seinem agitativen Charakter am ehesten vom Geist der frühen Romantik geprägt. Mit spürbarer Wut werden Missstände angeprangert und mit spielerischer Leichtigkeit umfassende Veränderungen angekündigt, wie etwa die Revolution etablierter Wissenschaften oder die Errichtung einer neuen Religion. Die Kühnheit der Thesen wirkt mitreißend und die immer wieder auftauchende Unbekümmertheit ansteckend – dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Gedanken des Systemprogramms im Grunde rationalistisch sind.

Safranski sieht in dem Dokument in erster Linie ein ›volkspädagogisches Projekt‹, das dazu dienen soll, die sonst unverdaulichen Ideen durch eine mythologische Einkleidung dem Volk schmackhaft zu machen. Denn der Autor glaubte sich, so Safranski, geistig weit über dem Volk stehend und sucht nach Mitteln, um selbiges im Sinne der Ideen zu erziehen.5 Der Mythologie kommt im Systemprogramm in der Tat in gewissem Sinn die Rolle von Schmuck zu und dennoch erfüllt sie eine wichtige Funktion: Indem sie die abstrakten Ideen versinnlicht, wirkt sie als eine auf gesellschaftlicher Ebene wirkende verbindende Kraft. Als eine solche Kraft kann sie jedoch nicht nur in eine Richtung wirken – und hier greift Safranskis Urteil vielleicht ein wenig zu kurz: Denn durch eine Mythologie der Vernunft würde, gesetzt, eine solche wäre geschaffen, nicht nur das Volk zur Vernunft erzogen werden, sondern der Philosoph auch zur Mythologie. Diese Erziehung beschränkt sich nicht darauf, den Gedanken äußerlich eine andere Form zu geben. Indem der Autor des Systemprogramms eine solche Erziehung auch des Philosophen für die Einstellung einer Einheit für notwendig erklärt, scheint es so, als habe die Mythologie doch einen Wert, der über den des bloßen Tands hinausgeht: denn die Klugheit, die dem Volk fehlt kann nur in ihrer Verbindung zur Mythologie und zur Schönheit eine Einheit stiften. Die Mythologie erhält somit den Status eines Bindegliedes zwischen der Vernunft und der Idee der Schönheit und als solches ist sie, bedenkt man die vereinheitlichende Macht dieser Idee, auch für den Philosophen vonnöten und zwar nicht nur als ein Mittel, um von anderen wahrgenommen zu werden, sondern als Element des Denkens selbst. Indem das Denken der Ideen mythologisiert wird, wird es also auch ästhetisiert und käme somit, gesetzt, es gäbe einen graduellen Übergang, dem höchsten Akt der Vernunft, der nach Meinung des Autors des Systemprogramms nur ein ästhetischer Akt sein kann, näher.

Mit dem Mythologiebegriff, den Schleiermacher wenige Zeit später prägte, hat die Mythologie der Vernunft natürlich wenig zu tun. Sie ist kein ›Fenster ins Unendliche‹, sondern ›nur‹ ein Mittel, um die Idee der Schönheit auf gesellschaftlicher Ebene zur Wirkung zu bringen. Umgesetzt worden ist das Systemprogramm nie und auch eine Mythologie der Vernunft ist in der Form nicht geschaffen worden, auch wenn es später, bei Nietzsche und Wagner noch einen ähnlichen Versuch gegeben hat.

Ob das Fragment nun das Werk Schellings, Hölderlins oder Hegels ist, ob es ein Exzerpt aus einem Brief oder einer exakteren, systematischeren und mittlerweile verlorenen Abhandlung darstellt, das Ergebnis einer durchzechten Nacht präsentiert oder als Manifest gedacht war, spielt eigentlich keine so große Rolle. Fest steht, dass es einen einzigartigen Einblick in die Denkweise der Frühromantiker erlaubt und auf die spätere Entwicklung der drei mutmaßlichen Autoren verweist – und allein schon deshalb lohnt sich eine Lektüre des Inhalts des gefalteten Blattes allen offen gebliebenen Fragen und formalen Unklarheiten zum Trotz auch heute noch.


29.05.2008 Autor: Sebastian Bock






Quellen:


Das älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus … http://www.zeno.org/

F.-P- Hansen, Das älteste Systemprogramm des deutschen Idealismus. Rezeptionsgeschichte und Interpretation, Berlin/New York 1989;

R. Safranski, Romantik. Eine deutsche Affäre, München 2007.

1 Hansen, 352;

2 Systemprogramm

3 Systemprogramm;

4 Hansen, 466–468;

5 Safranski, 154-155;

Donnerstag, Mai 22, 2008

FICHTE


„Habe Mut, Dich selbst zu setzen, Dich selbst zu bestimmen, Dich selbst zu verwirklichen. Zerreiße die Kette, die Deiner Autonomie im Wege stehen, erkenne die Möglichkeit und Notwendigkeit Deiner Freiheit.“


DAS ICH SETZT SICH SELBST (erster Satz seiner Wissenschaftslehre)



Fichtes Ideal einer Bildung:

selbstständig denken

nicht mechanisch auswendig lernen

selber nachvollziehen und verstehen


Fichte einer der ersten, die nicht nur vorlesen wollten,

sondern in Fragestunden, Übungsgruppen, Übungsblättern

die Studenten zum eigenen Denken anregen




Was uns interessiert: Fichtes Lehre

Versuch, sie vorzustellen


Beginn: 1790


Fichte in zerrissener Lage -> befreiende Wirkung Kants


- die Philosophie, die ihn die Lebensführung begreifen lässt


Lektüre der Kritik der praktischen Vernunft


existenzielles Erlebnis:


Ich lebe in einer neuen Welt, seitdem ich die Kritik der praktischen Vernunft gelesen habe. Sätze, von denen ich glaubte, sie seien unumstößlich, sind mir umgestoßen; Dinge, von denen ich glaubte, sie könnten mir nie bewiesen werden, z.B. der Begriff einer absoluten Freiheit, der Pflicht usw., sind mir bewiesen, und ich fühle mich darüber nur um so froher. Es ist unbegreiflich, welche Achtung für die Menschheit, welche Kraft uns dieses System gibt.“

Erkennen der FREIHEIT


zweites Prinzip bei Kant:


Freiheitsprinzip – die Vernunft gebietet aus sich selbst heraus und damit frei. Selbstgesetzgebung der Vernunft bei Kant deren Autonomie


mit Kant wird die Philosophie für Fichte erst zum Lebensinhalt


Der Kern der Kantschen Moralphilosophie blieb immer

ein Fundament Fichteschen Philosophierens


Differenzen zwischen Kant und Fichte traten weniger in der Moralphilosophie als


vielmehr in der Fassung des Verhältnisses von theoretischer und praktischer Philosophie auf.



Demjenigen Leser, der sich zum Studium der Fichteschen Wissenschaftslehre entschließt,


muss dringend geraten werden, dieses Studium mit dem der Kantschen Kritiken zu beginnen.




Ein paar Besprechungen


Versuch einer Kritik aller Offenbarung


Offenbarung ist möglich,

Göttlichkeit des Christentums,

Stütze für die Religion




Politisches aus dieser Zeit:


Zurückforderung der Denkfreiheit von den Fürsten Europas, die sie bisher unterdrückten. Eine Rede. (1793)

Vehementer Eintritt für die Pressefreiheit, Verteidigung der französischen Revolution


Beitrag zur Berichtigung der Urteile des Publikums über die französische Revolution. (1793)

Versuch in der Rechtsphilosophie


Zitat aus anderem Zusammenhang

(nach einer langen und heftig durchdiskutierten Nacht hat Friedrich de La Motte Fouqué sich für die gestörte Nachtruhe und wegen seiner Heftigkeit entschuldigt):


Meinen Sie denn, junger Freund, ich könne Sie lieb haben, wenn Sie nicht aller so­genannten Rücksichten vergessen könnten, im Ringen für etwas, ihnen von Herzen teuer?“


-> diese Einstellung wird an vielen Stellen in Fichtes Leben deutlich

(Atheismusstreit)

Der sogenannte Atheismusstreit:

(kurze und völlig unzureichende Darstellung)



Welcher Professor, Minister, welcher Hof auf Fichtes Seite stand und wer dagegen war, wie die ganze verwickelte Geschichte verlief, das ist für uns im Moment nicht interessant.


Der Streit begann mit der Konfiszierung eines Aufsatzes von Forberg im Philosophischen Journal von Fichte und Niethammer 1798, wozu Fichte einen kleinen Aufsatz von sich beigefügt hatte. Damit wird Fichte des Atheismus beschuldigt. Er verteidigt sich mit der Schrift:

J.G. Fichtes Appellation an das Publikum über die durch ein Kurfürstliches Sächsisches Konfiskationsreskript ihm beigemessenen atheistischen Äußerungen. Eine Schrift, die man erst zu lesen bittet, ehe man sie konfisziert.“

Dadurch bekommt Fichte viel Unterstützung der Öffentlichkeit, aber Kursachsen droht, „seinen Landeskindern den Besuch von Jena zu verbieten“, was Jena ruinieren könnte.

Der Hof will sich aus der Affäre ziehen, ohne die Öffentlichkeit zu verärgern und Fichte bietet ihnen die Gelegenheit, indem er von vornherein erklärt:

Ich darf das nicht; ich kann es nicht. - Ich darf nicht. Mein Benehmen in dieser ganzen Sache vom Anfang bis hieher ist meiner innigsten Überzeugung nach nicht nur tadellos, sondern preiswürdig; und es ist verächtlich, das Preiswürdige ... öffentlich schelten zu lassen.“

weiter stellt Fichte fest, dass jeder Verweis durch Abgebung seiner Demission beantwortet wird. Der Herzog erteilt einen Verweis und nimmt die Demission an. Fichtes Einlenken wird ignoriert.

Vermutlich hat der Hof nur auf eine Gelegenheit gewartet, Fichte loszuwerden.


Interessant hierbei ist für uns hauptsächlich

  1. wie Fichte für seine Aussagen einsteht

  1. dass er sich vehement gegen den Vorwurf des Atheismus wehrt, denn er sieht sich selbst nie als Atheisten

Trotzdem ist es auch verständlich, dass er als Atheist betrachtet wird, wenn er vertritt, dass es „jene lebendige und wirkende, moralische Ordnung ist selbst Gott; wir bedürfen keines anderen und können keinen anderen fassen.“ - „Der Begriff von Gott als einer besonderen Substanz ist unmöglich und widersprechend: Es ist erlaubt, dies aufrichtig zu sagen und das Schulgeschwätz niederzuschlagen, damit die wahre Religion des freudigen Rechttuns sich erhebe.“

Fichtes philosophische Entwicklung hin zur Wissenschaftslehre:



Fichte:

Philosoph des Ich, deutscher Jakobiner, Redner an die deutsche Nation, Nationalist, Antisemit,...

aber als Wissenschaftslehrer verstand er sich selbst


Wissenschaftslehre -> Kernstück seiner Philosophie


insofern treten wir jetzt endlich tief in seine Philosophie selbst ein!


Entwicklung:


Lektüre von Kants Kritiken


Lektüre von Reinholds Elementarphilosophie

-> eine Variante der Kantischen Philosophie – ihre methodische Umkehr.

Statt Analyse Synthese, Zusammensetzung der Elemente.

Grundsatz (Satz des Bewusstseins) von Reinholds System: „Im Bewusstsein wird die Vorstellung durch das Subjekt vom Subjekt und Objekt unterschieden und auf beide bezogen.


Fichte fühlte sich genötigt, für diesen Satz eine Begründung zu suchen

(-> also ist er kein Grundsatz)


--> Fichte stand am vorangetriebensten Punkt der Spekulation,

er hat keinen Philosophen mehr, an den er sich anschließen kann,

er betritt das Neuland der Spekulation


Skizze von Fichtes Überlegungen:


drei Momente des Bewusstseins: Vorstellung, Subjekt und Objekt

(unterschieden und aufeinander bezogen)


Für die Vorstellung ist Unterscheiden und Beziehen notwendig.

Ansatz, um die der Vorstellung voraufliegende Begründung zu finden: Selbstbewusstsein

Andere Formulierung: Ein Wissender weiß sich als Wissenden.


Die Frage ist: Ist das im Selbstbewusstsein Gewusste in Wahrheit das Wissende?

Dies ist es nur im Selbstbewusstsein (Identifikation), als eine eigene Handlung des Wissens. Identifikation des Subjekts mit dem Objekt, beide mit dem Akt des Wissens.

Unmittelbares Wissen im Bewusstsein seiner selbst.

Wissen selbst ist grundlos: Würde man einen Grund denken, müsste man diesen ja auch wissen.

Was keinen Grund hat, ist frei.


---> GEBURTSSTUNDE DER WISSENSCHAFTSLEHRE



Fichte (nach Henrik Steffens):


Da überraschte ihn plötzlich der Gedanke, dass die Tat, mit welcher das Selbstbewusstsein sich selber ergreift und festhält, doch offenbar ein Erkennen sei. Das Ich erkennt sich als erzeugt durch sich selber, das denkende und das gedachte Ich, Erkennen und Gegenstand des Erkennens, sind eins , und von diesem Punkte der Einheit, nicht von einer zerstreuenden Betrachtung, die Zeit und Raum und Kategorien sich geben lässt, geht alles Erkennen aus. Wenn Du nun, fragte er sich, diesen ersten Akt des Selbsterkennens, der in allem Denken und Tun der Menschen vorausgesetzt wird, der in den zersplitterten Meinungen und Handlungen verborgen liegt, rein für sich herauslöst, und in seiner reinen Konsequenz verfolgtest, müsste nicht in ihm, als lebendig tätig und erzeugend, dieselbe Gewissheit sich entdecken und darstellen lassen, die wir in der Mathematik besitzen? Dieser Gedanken ergriff ihn mit einer solchen Klarheit, Macht und Zuversicht, dass er den Versuch, das Ich als Prinzip der Philosophie aufzustellen, wie bezwungen, von dem in ihm mächtig gewordenen Geiste, nicht aufgeben konnte. So entstand der Entwurf einer Wissenschafts-Lehre und diese selbst.“ (rororo Monographie S. 43)


Auf diese Entdeckung schließt sich Schelling (gerade 19 Jahre) Fichte an und schreibt im Jahr darauf die Schrift „Vom Ich als Prinzip der Philosophie“.


Zitat von Schelling aus einem Erlanger Manuskript:

Das Ich ist für Fichte nicht wie für Cartesius bloß der zum Behuf des Philosophierens angenommene, sondern der wirkliche, der wahre Anfang, das absolute Prius von allem.“





Fichtes Wissenschaftslehre:


die „sogenannte Philosophie“, denn Philosophie ist das Streben nach dem Wissen,

Fichte jedoch meint, mit seiner Wissenschaftslehre den Schritt ins Ziel getan zu haben,

die Lehre vom Wissen geliefert zu haben.


Zwar in besonderer Form (in Bezug auf die Wissenschaften) dargestellt

beschränkt sich die Lehre nicht darauf, sondern gilt für jegliches Wissen.


Die Grund-Frage: Woher kommen Grundsätze?

Antwort: aus einer Wissenschaft von einer Wissenschaft überhaupt,

Urwissenschaft sozusagen -> Wissenschaftslehre

Struktur wie andere Wissenschaften, aber als Grundsatz einen aus und durch sich selbst einleuchtenden Satz – das Wissen selbst


„Das Objekt der Wissenschaftslehre ist ... das System des menschlichen Wissens“

Um sich diesem (und nicht dem Inhalt) erst zuzuwenden, muss eine freie Hinwendung der Aufmerksamkeit auf diese Handlungen stattfinden („durch eine Bestimmung der Freiheit“)


Erster Grundsatz:

Selbstgewissheit des Wissens oder Sich-selbst-Helligkeit

-> intellektuelle Anschauung:

intellektuell, weil nicht sinnlich

Anschauung, weil sie den begrifflichen Unterscheidungen vorausliegt


Zweiter Grundsatz:

Element des Wissens, was nicht das Wissen, sondern ein Gehalt des Wissens ist. (Unterscheidung des Wissens zu Anderem)


Der Umkreis dessen, was zu wissen ist, ist dadurch geteilt zwischen Wissen und Nicht-Wissen.

Die Handlung des Teilens ist Handlung des Wissens.


Fichte nennt nun das Wissen ICH und das Nicht-Wissen NICHT-ICH,

im ersten Grundsatz vom absoluten Ich (Safranski: transzendentales Ich)

im zweiten und dritten vom endlichen Ich bzw. Nicht-Ich (Safranski: empirisches Ich)

Benennung als Ich und Nicht-Ich Gefahr der Verwechslung mit psychologischem Ich.


Das absolute Ich oder die intellektuelle Anschauung ist jenes unbedinge sich selbst Wissen und Wollen im Bewusstsein.

Wenn es aber einem Nicht-Ich, dem Anderen des Wissens, entgegengesetzt wird, so ist es ein Moment, nicht das Ganze und somit beschränkt.

Diese Beschränkung, die als vorhandene Tatsache hinzunehmen und nicht abzuleiten ist, widerspricht aber dem Moment von Absolutheit, bzw. Unbedingtheit im Ich, durch welches es sich vom Nicht-Ich unterscheidet.

Diesen Widerspruch strebt das endliche Ich aufzuheben und begreift ihn zugleich.


Aus diesem Verhältnis Ich – Nicht-Ich konstituiert Fichte seine weitere Philosophie:


Neben der Wissenschaftslehre: Natur-, Rechts-, Sitten- und Gotteslehre


Aufgabe des Menschen:


Reinigung von Fremdem (Nicht-Ich), was zwar unentbehrlich ist, um die Bestimmung zu erfüllen, von dem Freizuwerden aber seine Aufgabe ist, d.h. das endliche/empirische Ich zum absoluten/transzendentalen Ich erweitern.


Diesem Zustand kann sich der Mensch nähern, indem er dem unermesslichen All zurufen kann:


Du bist wandelbar, nicht ich, und ich werde stets unversehrt über den Trümmern deiner Gestalten schweben.“ - „Wenn unter den Millionen Sonnen, die über meinem Haupte leuchten, die jüngstgeborene ihren letzten Lichtfunken längst wird ausgeströmt haben, dann werde ich noch unversehrt und unverwandelt derselbe sein, der ich jetzt bin.“


Rechts- und Sittenlehre: Jenaer Zeit

Bemerkenswertes an der Rechtslehre:

Wie kann man frei sein, denn wer frei ist, weiß sich als frei und wer sich als frei weiß, ist frei : wo beginnen? Der Begriff der Freiheit des Menschen hängt nicht von der Freiheit desselben Menschen ab. Er muss dazu aufgefordert werden. (von anderen)


Sittenlehre: Sittengesetz lässt sich aus der Vernunft ableiten.


Wissenschaftslehre: Freiheit zum Ziel UND zur Voraussetzung



Fichtes Geschichtsphilosophie: (Freiheit ist eine wesentliche Bestimmung der Vernunft, Vernunft ist Selbsttätigkeit, die Tätigkeit der Vernunft ist auf das „Ewige“ orientiert)

die Geschichte lässt sich in folgende Epochen unterteilen:


  1. Die Menschheit ist da, hat aber noch nicht begonnen, ihre Verhältnisse mit Freiheit nach der Vernunft einzurichten, Vernunftinstinkt

    Stand der Unschuld des Menschengeschlechts (an Tafel schreiben)

  2. zwingende Autorität, stärkere Individuen wollen die übrigen durch Zwang an die Vorschriften des Vernunftinstinkts binden

    der Stand der anhebenden Sünde

  3. die Freiheit setzt sich absolut, wird ungebunden von äußerer Autorität und vom Vernunftinstinkt

    Stand der vollendeten Sündhaftigkeit

  4. Wahrheit als höchstes geliebt, Freiheit begreift ihren Gehalt in der Vernunft

    Stand der anhebenden Rechtfertigung

  5. Vernunftkunst, Realisierung dieses Gehalts

    Stand der vollendeten Rechtfertigung und Heiligung

-> keine lineare Entwicklung


Fichtes wissenschaftliche Tätigkeit als Übergang von 3. zu 4.



Was für eine Philosophie man wähle, hängt sonach davon ab, was man für ein Mensch ist: denn ein philosophisches System ist nicht ein toter Hausrat, den man ablegen oder annehmen könnte, wie es uns beliebte, sondern es ist beseelt durch die Seele des Menschen, der es hat.“

Ref. von Sandra Mandl Mai 2008 the excellent university of Constance


Mittwoch, Mai 21, 2008

Fichte und Hölderlin

1770

Johann Christian Friedrich Hölderlin wird
am 20. März in Lauffen am Neckar geboren.

1772

Hölderlins Vater, Heinrich Friedrich, stirbt. Seine
Schwester Maria Eleonora Heinrike wird geboren.

1774

Die Mutter, Johanna Christina, geborene Heyn,
heiratet Johann Christoph Gok. Die Familie zieht
nach Nürtingen um, wo Gok Bürgermeister ist.

1776

Hölderlins Halbbruder, Karl Gok, kommt zur Welt.

1779

Der Stiefvater stirbt.

1784

Hölderlin tritt in die niedere Klosterschule
in Denkendorf ein

1786-88

Besuch der höheren Klosterschule in Maulbronn.

1788

Hölderlin beginnt sein Theologiestudium im
Tübinger Stift. Dort lernt er Hegel kennen.
Dichterbund mit Neuffer und Magenau.

1789

Bekanntschaft mit Gotthold Friedrich Stäudlin
und Schubart.

1790

Magisterarbeiten: Geschichte der schönen Künste
unter den Griechen bis zu Ende des Perikleischen
Zeitalters
und Parallele zwischen Salomons
Sprüchwörtern und Hesiods Werken und Tagen
.
Schelling (geb. 1775), tritt ins Tübinger Stift ein.

1791

Erste Publikation von vier Gedichten in Stäudlins "Musenalmanach fürs Jahr 1792".

1793

Hölderlin lernt den Jura-Studenten Isaak von Sinclair kennen.
Abschlußexamen.
Im Dezember tritt Hölderlin eine Hofmeisterstelle bei Charlotte von Kalb in Waltershausen an.

1794

Im November Aufenthalt mit dem Zögling Fritz von
Kalb in Jena. Besuch von Vorlesungen Fichtes. Umgang
mit Schiller. Erstes Zusammentreffen mit Goethe.
Das Fragment von Hyperion erscheint in der "Thalia".
Im Dezember Umzug nach Weimar mit Charlotte und
Fritz von Kalb. Besuch bei Herder.

1795

Beendigung der Hofmeistertätigkeit im Hause von Kalb. Rückkehr nach Jena. Teilnahme am Kolleg Fichtes. Umgang mit Schiller. Beginn der Freundschaft mit Sinclair.
Ende Mai oder Anfang Juli plötzliche Abreise aus Jena.
Im Juli Besuch bei Schelling in Tübingen. Im Dezember ist Schelling bei Hölderlin in Nürtingen.

1796

Im Januar tritt Hölderlin eine Hofmeisterstelle in Frankfurt bei der Familie Gontard an. Bald Liebe zur Hausherrin Susette, von Hölderlin "Diotima" genannt. Im April Zusammentreffen mit Schelling, der sich einige Tage in Frankfurt aufhält.
Im Sommer dringen Truppen der französischen Republik bis Frankfurt vor. Mit Susette Gontard und den Kindern reist Hölderlin über Kassel nach Bad Driburg. Bekanntschaft mit Wilhelm Heinse. Freitod Stäudlins. Im Herbst Rückkehr nach Frankfurt.


aus:

www.hoelderlin-gesellschaft.de/index.php?id=21&L=0

Mittwoch, Mai 07, 2008

denkt Fichte romantisch?


MO 20 h in G 305 V.M.Roth
„nahe dich, freiheit“


19.o5. 1794 FICHTE / Sandra

26.o5. Das älteste Systemprogramm ...(Hölderlin -Hegel - Schelling) / Sebastian

2.o6. TIECK & WACKENRODER / Tobias

9.o6. NOVALIS 2 / Iris

23.o6. SCHLEIERMACHER & SCHLEGEL 2 / Patrick

30.o6. Romantisches Unbehagen an der Normalität / Piotr

7.o7. Frische Fahrt. EICHENDORF & HOFFMANN / Bettina

Samstag 12.o7: Symposion zu Nachwirkungen der Romantik

(bitte diesen Tag vormerken)
Auffallende Frauen in der R. / Marianne

Romantische Politik / Gastredner Paul

Der Kursplan ist angelehnt an Rüdiger Safranski, Romantik. Eine deutsche Affäre (2007); siehe die Hinweise auf Literatur zu vertiefender Lektüre, p. 395 ff. ; Ricarda Huch

Vermessung der (Erden)Welt

Hinweis auf Daniel Kehlmann via z.B: www.buechergilde.de
- zum Schmökern über die freien Tage. Thema: NatWiss in D
(die Humboldts und Gauß/ Roman eines fiktiven Aufeinandertreffens / "Studenten" - Verfolgung) zur Zeit der ausgehenden Romantik