Oh-mein-Sokrates
Lina-Mylene Knirsch, Christopher Walz
Platon Protagoras
Sitzung vom 29.Juni 2009
Im Abschnitt 339 übernimmt Protagoras die Rolle des Fragenden. Er lenkt das Gespräch auf ein Gedicht, welches er versucht zu beurteilen und anschließend zu erklären - Dies gestaltet er so, dass die Tugend im gesamten Gesprächsverlauf der zentrale Gegenstand bleibt.
Als erstes nennt er ein Gedicht von Simonides, in dem sich ein - seiner Meinung nach - innerer Widerspruch aufzeigen lässt. Dieses Deutungsdilemma, das Protagoras inszeniert, besteht darin, dass er auf der einen Seite behauptet, dass es schwer sei ein wirklich guter Mann zu werden und auf der anderen Seite, das es schwer sei, gut zu sein.
Sokrates Verteidigung des Simonides gegen Einwände des Protagoras
Sokrates kommt nun in eine Situation, in der er sich als noch nicht ausgewiesener Intellektueller behaupten muss. Er verteidigt den Dichter, indem er die Unterscheidung des Prodikos anbringt, welcher zwischen den Begriffen, „Sein“ und „Werden“ unterscheidet. Durch diese Unterscheidung lassen sich die Eingangsverse des Gedichtes und der Spruch des Pittakos als unterschiedliche Aussagen interpretieren.
Aufgrund des Gedichtes von Simonides geht Sokrates einen vielleicht nicht ganz leicht nachzuvollziehenden Gedankengang. Er behauptet, dass Gut-Sein schwer zu erreichen sei und erst recht es beizubehalten sei schwer. Diesen Schluss zieht er aus der Kopplung der beiden Sätze:
1.) Es ist schwer, gut zu sein
2.) Es ist schwer gut zu werden
Durch den Verbund der beiden Sätze lässt sich die These stützen, dass bei Simonides kein Widerspruch vorliegt.
Doch Protagoras genügt der erbrachte Vergleich nicht, so bringt Sokrates den Vergleich zwischen „schrecklich“ und „schlimm“ an. Diese Interpretation sieht Protagoras aber nicht als zulässig an. Sokrates drückt noch einmal aus, dass er diese Unterscheidung nicht ernst gemeint hat und Protagoras auf die Probe stellen wollte. Protagoras besteht diese Probe aber nur vordergründig, denn bei genauem Betrachten fällt auf, dass er der falschen Behauptung einfach die richtige entgegen bringt. Sokrates bittet darum, den Sinn des Gedichtes erörtern zu dürfen und bringt somit die Antwort in das Gespräch ein, die Protagoras hätte geben müssen. Sokrates versucht nun an Hand des Gedichtes die Absicht des Dichters heraus zu arbeiten. Doch er verdreht die Aussagen von Simonides so nach seinem eigenen Nutzen, dass er nicht das gewünschte Ziel erreicht. Doch das liegt nicht an der Unfähigkeit von Sokrates, sondern daran, dass der hier beschriebene Sokrates nichts davon hält, sein Dichterverständnis zu prüfen, sondern die Wahrheit in sich selbst zu Tage bringen soll. Hier senkt er sich auf die Stufe von Protagoras ab. Er zeigt sich als überlegen, denn nun beherrscht Sokrates das Paradebeispiel der Sophisten, indem er einen langen Monolog hält.
Das "lakonische Philosophieren" wurde zu Beginn stark auf Kreta und in Sparta (Lakädaimon) betrieben, daher auch der Name, spartanisches Philosophieren Diese Art der Philosophie betrieb auch Pittakos (einer der sieben Weisen), dessen philosophischen Modelle durch das Gedicht von Simonides versucht wurde zu widerlegen. Durch den Ansatz, den Protagoras durch seinen dargelegten Widerspruch aufzeigt, stellt er sich in eine lang vorhandene Tradition, sich einem anderen überlegen zu zeigen und damit Ruhm zu erhalten. Doch im Laufe der Interpretation von Sokrates bekommt das Gedicht einen ganz neuen Sinn. Er schrieb es nicht mehr um sich einem anderen überzuordnen, sondern nur noch um sich über etwas zu äußern. Dieser Wandel ist damit zu erklären, dass Sokrates seine ganzen Interpretationskünste in Simonides hineinlegt und die beiden somit fast zu einem Wesen werden. Durch den Verlauf der sokratischen Interpretation stellt er fest, dass Simonides eine klare Gegenthese zur Behauptung von Protagoras annimmt (Protagoras sehe es als schwierig an gut zu sein, während Simonides es für unmöglich erachtet bzw. es nur partiell möglich ist). Gott ist hierbei keine Ausnahme indem wie er gut ist, sondern darin, wie lange er gut ist.
Er geht weiterhin davon aus, dass alles Handeln, das gut ist, von Wissen geleitet ist.
Zweites Zwischengespräch
Nun versucht Hippias das Gedicht seiner Interpretation zu unterwerfen. Dies gelingt ihm jedoch nicht und Sokrates setzt sich dafür ein, die derzeitige Argumentationsschiene zu verlassen, da sie auf keinen Fakten beruht und sehr willkürlich ist, und die eigentliche Untersuchung wiederaufzunehmen. Wäre es Hippias geglückt, seinen Vortrag nun auch noch einzubringen, dann hätte die Gefahr bestanden, dass sich das Gespräch in eine Reihe von Reden aufgelöst hätte.
Protagoras muss nun eine Niederlage gegenüber Sokrates hinnehmen, denn er übernimmt nur sehr widerwillig die vorangegangen Untersuchungen.
Bei einem kurzen Übergang zum ursprünglichen Thema stellt Sokrates fest, dass Protagoras ein perfekter und notwendiger Gesprächspartner zu diesem Thema sei, da er als bekannter Sophist den Menschen gegen Geld anbietet, ihnen Gut-Sein beizubringen. Mit diesem sprachlichen Manöver kann sich Protagoras nicht mehr entziehen und muss sich an seiner hohen Erwartung messen lassen.
Um das Thema noch einmal zu benennen, stellt er ein zweites Mal die von Protagoras gestellte Frage nach den Formen des Gut-Seins. Doch dieser behauptet nun, dass man nicht alle vorhandenen Formen ansehen sollte, sondern es genüge, die Tapferkeit zu betrachten, die eine Sonderstellung einnimmt. Sokrates nimmt diesen neuen Denkansatz auf und stellt das Verhältnis von Weisheit und Tapferkeit dar. Er macht dabei keine Aussagen, sondern stellt nur Fragen. Innerhalb dessen kommt er zu verschiedenen Ergebnissen.
I. Die Tapferen sind unerschrocken
II. Gut-Sein ist etwas lobenswertes
III. Wenn man etwas sicher weiß, traut man sich selbst mehr (zu)
IV. Es gibt auch " unerschrockene ", die keinerlei Kenntnis haben
Weisheit ist Tapferkeit
Auf einer zweiten Argumentationslinie wird nun der genaue Wirkungskreis von Wissen bestimmt. Innerhalb dieser Eben teilt Sokrates die Tapferen in zwei Gruppen ein:
1) Tapfere, die keine verwerflichen Risiken auf sich nehmen
2) Wahnsinnige, die Risiken eingehen, ohne ihre Auswirkung abschätzen zu können
Da Protagoras als Lehrer sein Geld verdient, findet diese Unterscheidung bei ihm Anklang. Doch Protagoras erkennt nun an, dass die Begriffe Mut und Tapferkeit sich nicht in Deckung miteinander bringen lassen. Er erkennt aber auch, dass von Sokrates ein Fehler begangen wurde, denn wenn die Tapferkeit zum Teil durch Einsicht bedingt sei, so falle sie deshalb doch ebenso wenig mit der Weisheit zusammen wie die Kraft. Durch diesen Fehlschluss des Sokrates muss sich Protagoras in seiner Sonderstellung der Tapferkeit nicht widerlegt fühlen.
Mit den neuen Abschnitten beginnt ein ganz neuer Argumentationsansatz. In ihm wird nun das Verhältnis zwischen Lust und Gutem und zwischen Wissen und Handeln ausgearbeitet. Sokrates, dem klar sein mag, dass es Zweifler gibt, die diesen Ansatz nicht verstehen, weist diese darauf hin, dass man durch diese Untersuchung das Verhältnis zwischen der Tapferkeit und den anderen Teilen des Gut-Seins gut sehen könne.
Um das neue Problem der Lust in das Gespräch einzubringen, macht Sokrates den Unterschied zwischen „gut leben“ und „schlecht leben“. Die Lust bringt er ins Spiel durch eine Negation, die er an dem Satz vornimmt: „Scheint dir denn ein Mensch etwa gut zu leben, wenn er gequält und betrübt lebt.“ Protagoras stimmt Sokrates in diesen Punkten zu, bekommt jedoch schnell Zweifel und unterteilt seinerseits die Lust in drei unterschiedliche Kategorien. Jene, die gut sind, die, die schlecht sind, und die nichts von beiden sind. Da Sokrates die Negation anbringt, möchte Protagoras nun geprüft haben, ob „lustvoll“ und „gut“ gleich seien, oder ob sie sich unterscheiden.
Sokrates ist auch hier wieder in der Lage, ihm den gewünschten Unterschied darzulegen und verbindet in diesem Teil alles wieder mit der Frage welche Rolle das Wissen dabei spiele. Die beiden sind sich in diesem Abschnitt einig, dass das Wissen im Menschen die größte Macht hat, denn wenn man etwas Gutes weiß, dann hält man sich auch daran und tut es. Dieser Ansatz soll allen andern Erhaben sein, die behaupten, dass es auch Momente gibt in denen man aus einem Affekt heraus handelt. Protagoras, der hier wieder als sophistischer Lehrer aufgefasst werden muss, ist voller Feuereifer und stimmt Sokrates zu, ohne dabei zu bemerken, dass er seine eigene These, nämlich, dass Wissen und Tapferkeit auch getrennt sein können, außer acht lässt.
Im weiteren Verlauf des Gesprächs werden "die Menschen" (die Vielen, die verbreiteten Meinungen) immer mehr mit einbezogen. Es zeigt sich relativ schnell, dass sie, die in vier Schritten mit in den fiktiven Dialog eingegliedert wurden, keine Wertung von Lust und Unlust abgeben können, sondern nur deren Folgen wahrnehmen.
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Mittwoch, Juli 08, 2009
Protagoras 339
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