Mittwoch, April 30, 2008
Novalis träumt Walpurgis 98
Uns wie ein Traum verweht
Mal ein unnennbar blauer Himmel
MiR ruhend im Gemüthe steht
Mal Wolken durch die Stirne ziehn
zum einförmigen Klappern einer ungeheuren Mühle, die vom Strom des Zufalls getrieben und auf ihm schwimmend, eine Mühle an sich, ohne Baumeister und Müller und eigentlich ein ächtes Perpetuum mobile, eine sich selbst mahlende Mühle sey.
So löse doch des Alters Binde
Und mache mich zu einem Kinde
So soll denn dieser Tag uns seyn
Ein Weltverjüngungs-Fest.
Dienstag, April 29, 2008
Ich weiß nur
seitdem mir wie ein Traum verweht.
Und ein unnennbar blauer Himmel
MiR ewig im gemüthe steht.
http://www.anthrowiki.info/ftp/odyssee/Novalis/Novalis_Geistliche_Lieder.pdf
THE END
Nachtrag: Novalis I
Pietismus aus: Ökumenisches Heiligenlexikon
"Pietismus" - ursprünglich ein Spottname, abgeleitet vom lateinischen "Pietas", "Frömmigkeit" - entstand im 17. Jahrhundert als die nach der Reformation wichtigste Reformbewegung in der Evangelischen Kirche. Führende Männer beförderten das Anliegen und erzielten eine neue Leuchtkraft des Glaubens mit besonderer Betonung der Bibel. Im Pietismus wurde "der Einzelne" für den Glauben entdeckt wie nie zuvor, getragen wurde die Bewegung in der Regel von vielen einfachen Leuten, aber auch Wirkungen auf die Universitäten, besonders diejenige von Halle, blieben nicht aus. Durch eine Lebenswende, als "Wiedergeburt" bezeichnet, nehmen Menschen "Christus persönlich in ihr Leben auf". Sie stellen ihr Leben unter das Gebet und lernen aus der Bibel, der Glauben erhält damit oft eine besondere Ausstrahlung und Stoßkraft. "Pietismus" bezeichnet also die bewusst vom Subjekt erlebte Gotteserfahrung und die bewusst vollzogene Hingabe an Gottes Wort.
1675 gab Philipp Jakob Speners Schrift "Pia desideria", "Fromme Wünsche" den Anstoß; in Halle bekam der Pietismus durch Speners Freund und Mitarbeiter August Hermann Francke ein erstes Zentrum. Im 18. Jahrhundert wurde die Herrnhuter Brüdergemeine ein wesentlicher Zweig des Pietismus; in Württemberg blühte ein Pietismus, der sich sehr umfassend auf das bald schon erwartete Reich Gottes ausrichtete und die Bibel mit der Natur und Geschichte in großen Systemen der Heilsgeschichte verband, Hauptvertreter waren Johann Albrecht Bengel, Friedrich Christoph Oetinger, Michel Hahn. Pietismus und Aufklärung waren damals Verbündete im Kampf gegen orthodoxe Lehrgebäude und hierarchische Strukturen sowie in der Betonung der Individualität und der Rechte des Einzelnen. Mit der Zeit aber wandte sich der Pietismus gegen die kritische und den Verstand betonende Aufklärung, die den Glauben an den sich in der Bibel offenbarenden Gott in Frage stellte.
Im 19. Jahrhundert waren Erweckungsbewegungen im Siegerland, in Wuppertal, in Minden und im Ravensberger Land, auch in Pommern - oft stark beeinflusst aus Amerika und England - Träger der Bewegung, die zur Entstehung des Neupietismus führte. Immer stärker begann nun aus pietistischen Kreisen in der evangelischen Kirche der Ausbau von diakonischen Einrichtungen wie Waisenhäuser, Krankenhäuser, Armenfürsorge, von Mission im Innern des Landes und in aller Welt, von eigenständiger Jugendarbeit wie im CVJM und von Erwachsenenbildung wie in den Gemeinschaften. Ein großer Reichtum an Liedern verdankt sich diesen Gemeinschaften. 1888 trafen sich führende Vertreter der Gemeinschaften zur Pfingstkonferenz in Gnadau, 1897 wurde der bis heute bestehende "Gnadauer Verband" als Vereinigung aller deutschen Gemeinschaftskreise gegründet.
Während der Pietismus im 17. und 18. Jahrhundert schöpferische Unruhe war und weithin revolutionär auftrat, vermitteln seine Erscheinungsformen im 19. und 20. Jahrhundert weithin einen konservativen Eindruck. Viele heute aktuelle Konflikte in der evangelischen Kirche sind Auseinandersetzungen um die durch den Pietismus aufgeworfenen Fragestellungen wie das Verhältnis von Glaube und Frömmigkeit, Rechtfertigung und Wiedergeburt, Bibel und Dogma.
Die Website des Gnadauer Verbandes gibt einen ersten Überblick über pietistische Gruppierungen heute.
Montag, April 28, 2008
blaue Blume / blauer Garten?
Ich suche die blaue Blume,
Ich suche und finde sie nie,
Mir träumt, daß in der Blume
Mein gutes Glück mir blüh.
Ich wandre mit meiner Harfe
Durch Länder, Städt und Au’n,
Ob nirgends in der Runde
Die blaue Blume zu schaun.
Ich wandre schon seit lange,
Hab lang gehofft, vertraut,
Doch ach, noch nirgends hab ich
Die blaue Blume geschaut.
Joseph von Eichendorff hat diese Verse um 1820 geschrieben, zu einer Zeit also, in der das Buch, mit dem die „blaue Blume“ als zentrales romantisches Symbol in die Welt trat, beim Verleger und Buchhändler Andreas Reimer in Berlin mehrere Auflagen erfahren hatte und europäisches Interesse auslöste, noch ehe man es in Deutschland in breiten Kreisen las: der Roman „Heinrich von Ofterdingen“ von Georg Philipp Friedrich von Hardenberg, den man seit 1798 mit dem Pseudonym Novalis nannte.
Eichendorff hat in seinem kleinen Gedicht wohl alle Elemente eingefangen, die das spezifisch „Romantische“ jener Stimmung oder Haltung zur Welt ausmachen, die das Symbol der blauen Blume in sich vereinigt: Unbestimmte Sehnsucht nach Ferne, fast ein Fernweh; Wanderschaft, Naturerleben, geistige Einkehr, das Schaun als besonders tiefe Begegnung mit der Natur, Hoffnung, Vertrauen, Streben nach dem Quell des Glücks. Der Wanderer mit der Harfe könnte der uns gut bekannte Müllerbursche aus dem „Taugenichts“ sein. Das Unterwegssein entspricht nun gleichermaßen einer allgemeinen menschlichen Suche wie der besonderen Situation der Generationen der Romantiker zwischen 1798 und 1857. „Woher kommen wir und Wohin gehen wir?“ - Beständig treibt den Menschen das Geheimnis seiner irdischen Existenz um, sucht er letztlich sich selbst und seinen Ort im Universum, ohne in der ihm bemessenen Zeit Antwort auf alle Fragen zu erhalten.
Aber gerade dieses unbedingte Streben nach Antworten kennzeichnet Friedrich von Hardenberg (1772-1801) inmitten der frühromantischen Denker und Dichter als einen, der stringent mit jugendlichem Pathos und einer nicht zu bändigenden Leidenschaft für die Wissenschaften ein kreatives Konzept für die unendliche Bildungs-Aufgabe des Menschen verfolgte.
Die Botschaften der Blumen und Blüten sind seit biblischen Zeiten sichtbare Geheimnisse und offenbaren sich doch jedem, der ihre geheime Sprache zu entschlüsseln sucht. Aus der im Alten Testament überlieferten Schöpfungsgeschichte wissen wir von dem von Gott geschaffenen Garten Eden, in dem alle Geschöpfe friedlich nebeneinander leben, in einer üppigen und schönen Vegetation. Seit Jahrhunderten finden sich in den verschiedenen Kulturkreisen unzählige Abbildungen, Themen und Motive in den unterschiedlichen Kunstgattungen, die sich mit dem Paradies befassen, das auch den Dichtern und Philosophen aller Epochen ein Thema blieb. Durch den antiken Historiker und Dichter Xenophon, einen Schüler des Sokrates, wissen wir auch, daß in Persien schon im 5. Jahrhundert v. u. Z. phantastische Gartenanlagen existierten, von geraden Alleen durchzogen, später wie Teppiche von Rosen und anderen Blumenarten angelegt, die er "Paradeisos" nannte und die dann im 1. Jahrhundert v. u. Z. von nicht geringem Einfluß auf die Entwicklung der antiken Gartenkunst der Griechen waren. Gärten waren Teil der Siedlungs- und Lebensgeschichte der Völker, als Klostergärten waren sie auch Lehrstätten und Nutzpflanzungen, immer also doch Spiegelbild menschlicher Lebens- und Empfindungsweise, auch der gestalterischen Absichten und Fähigkeiten des Menschen in Bezug auf seine natürliche Umgebung, auf Landschaft und Garten.
Will man also die spezifischen Kultur-Geschichten der Gärten dieser Welt erforschen und miteinander vergleichen, wozu es seit einigen Jahren renommierte Forschungsprojekte gibt, so wird sich als zentrale, gleichsam globale Frage immer wieder die eine nach dem ursprünglichen Verhältnis von Mensch und Natur stellen, versus: nach der jeweils aktuellen, gegenwärtigen Qualität des Verhältnisses beider, nach den Ursachen und den Richtungen seiner Veränderung, den Auswirkungen des Ideenfortschritts in den Wissenschaften und der Technik auf die Lebensweisen der Menschen, auf ihre fortschreitende Entfernung von der Natur, auch nach den folgenreich ausufernden Dimensionen der räumlichen Lebensrahmen in modernen Städten. (2)
Rousseau (1712-1778) hatte das Problem für das Zeitalter der Aufklärung als den verhängnisvollen Kontrast von Kultur zur Natur gefaßt, mit dem sich Generationen von Philosophen und Dichtern seither beschäftigt haben. Auch Georg Philipp Friedrich von Hardenberg, Novalis, der aus der Grafschaft Mansfeld stammende Philosoph, Jurist, Bergbauingenieur und Dichter, hat sich während seines kurzen Lebens kontinuierlich mit dieser Problematik befaßt, was sich selbst in seinem 1798 gewählten Pseudonym ausdrückt: de novali nannten sich die Hardenbergischen Vorfahren, Novalis bedeutet der Neuland bestellende. In philosophischen und naturwissenschaftlichen Studien, in seiner beruflichen Arbeit(3) und schließlich in seinen Dichtungen und theoretischen Aufzeichnungen beschäftigte ihn das Phänomen Natur, das den Kern seiner geschichtsphilosophisch begründeten Utopie einer „Goldnen Zeit“ (4) bildet.
Der hochqualifizierte Bergbau- und Salinenspezialist war durch seine Studien mit modernsten Naturerkenntnissen, Entdeckungen und Experimenten in Physik, Chemie, Biologie und Geologie, auch in der Medizin vertraut, aus denen er ein Bewußtsein für die widersprüchlichen und tendentiell destruktiven Wirkungen des Fortschritts der Wissenschaften und der zunehmenden Technisierung gewann. Wie kein anderer konnte er Segen und Fluch des Bergbaus (5) beurteilen. Die reale Entwicklung widersprach zu offenkundig dem aus der Philosophie und Kunst seit der Antike tradierten Idealbild eines einheitlichen Naturganzen. Zergliederung der Natur war der Tribut an ihre Erforschbarkeit. An eine reale Aufhebung dieses im Laufe der Geschichte erzeugten Zustandes war nur zu glauben, wenn sie im Bewußtsein des Menschen ihren Anfang nehmen würde. Hoffnung bestünde dann, wenn Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster gewandelt würden durch - wie Novalis sagen würde - eine „Armirung“ (Erzeugung) der Moralität ins Unendliche (6). Einfacher: wenn ein wirksames pädagogisches Konzept zur Aktivierung der Sinne in einem als unendlich gedachten Prozeß eine neue Annäherung des Menschen an die Natur fördern könnte. Dies ist das Ziel jener neuen Utopie, die sich in philosophischen Debatten ebenso wie vor allem in den Dichtungen und Kunstwerken von Novalis und seinen Zeitgenossen spiegelt. Die Natur und mit ihr das Paradies zu rekonstruieren, ist ein Auftrag, der die Anstrengung aller schöpferischen Kräfte erfordert, insbesondere der Vernunft und der Phantasie. Im Gartenthema verbindet sich die poetische Utopie des Novalis mit der Möglichkeit exemplarischer Verwirklichung der Idee von Natur. Gärten sind für Novalis wie für die romantischen Dichter und Künstler ein besonderer Ort der Naturbildung im doppelten Wortsinn: es geht um die Bildung des Menschen in der Natur und um die Bildung der Natur durch den Menschen, worüber bereits Rousseau, Herder und die europäische Aufklärungsphilosophie reflektiert hatten.
„In jedem System - Gedankenindividuo - das nun ein Aggregat oder Produkt - etc. seyn kann - ist Eine Idee, Eine Bemerckung oder mehrere vorzüglich gediehn und haben die andern erstickt - oder sind allein übriggeblieben. Im geistigen NaturSystem muß man sie nun überall zusammensuchen - jedem seinen eigenthümlichen Boden - Klima - seine besondere Pflege - seine eigenthümliche Nachbarschaft geben - um ein Ideen Paradies zu bilden - dies ist das ächte System./ Das Paradies ist das Ideal des Erdbodens.
Merckwürdige Frage vom Sitz des Paradieses - (Sitz der Seele)
(Eine Kunstkammer soll in Beziehung auf die Naturkräfte etc. das seyn - was ein botanischer und ein englischer Garten (Nachahmung des Paradieses) in Beziehung auf den Erdboden und seine Produkte ist - ein verjüngter, concentrirter - potenzirter Erdboden)
Das Paradies ist gleichsam über die ganze Erde verstreut und vereinigt - sein Skelett soll ausgefüllt werden. Regeneration des Paradieses.“ (7)
Interessant ist, daß für den Verweis auf das Muster eines englischen Gartens als Produkt schöpferischer Kunst offenbar die Wörlitzer Gartenanlage des Fürsten Franz von Anhalt Dessau (1740-1817) Anlaß gab. Da Friedrich von Hardenberg Reisepläne nach England durch seine Krankheit nicht verwirklichen konnte, beschränkte sich seine authentische Kenntnis des englischen Gartens auf Besuche des Wörlitzer Gartenreiches. Vom April 1793 existiert eine ausführliche Reisebeschreibung des Freundes Ferdinand von der Lippe, aus der zu erfahren ist, daß es von Weißenfels aus mit „einer leichten Chaise mit zwei Pferden, Extrapost“ (8) über Dessau, Wörlitz, Bernburg, Aschersleben und Halberstadt nach Wernigrode und von dort noch bis Ilsenburg ging. Es ist nicht endgültig geklärt, ob Hardenberg mitreiste oder sich nur hat besonders ausführlich berichten lassen. Aber im Juni 1797, kurz nach dem Tode der Verlobten Sophie von Kühn und des Lieblingsbruders Erasmus, reiste er eigenen Tagebuchnotizen zufolge nach Thale, zur Roßtrappe von dort nach Ballenstedt in den Garten und zurück nach Wiederstedt, von wo es nach einigen Tagen Pause erneut per Fußwanderung nach Dessau und Wörlitz ging, von dort dann zurück nach Halle. Aus der beabsichtigten körperlichen Anstrengung sprossen Ideen für Projekte, zum Beispiel zu einem „Journal unter dem Titel Beyträge zur wissenschaftlichen Geschichte der Menschheit“ (9). Diese Idee ist wohl ein Vorläufer der schon 1798 begonnenen Materialsammlung zu einer Enzyklopädie aller Wissenschaften.
Im Reisejournal des Freundes von der Lippe und in der Tagebucheintragung vom Juni 1797 sind die Gartenbesuche in Wörlitz und im Dessauer Georgium dokumentiert. Beide Schilderungen haben ihren Niederschlag in späteren Aufzeichnungen Friedrich von Hardenbergs gefunden.
„Das Georgium ist eine englische Gartenanlage, die dem Prinz Hans Georg, Bruder des Fürsten, gehört, dessen Sommer-Wohnung in einem anmuthigen Theil des Gartens zwischen wilden Parthien und frischen Grasplätzen steht, und so wie mehrere im Garten zerstreut liegende Häuschen, einfach und doch architektonisch schön gebaut, geschmackvoll meublirt und mit feinen Kupferstichen ausgehängt. Der Garten ist groß und erstreckt sich bis nach der eine Stunde von Dessau fließenden Elbe hin, die Natur ist in den einzelnen Parthieen zuweilen noch glücklicher als in Wörlitz nachgeahmt und das Ganze gewinnt besonders durch einen mit hinein gezogenen Eichenwald: unter die Verzierungen gehört besonders eine kolossalische Statue des Fürsten; eine Diana; ein steinerner auf acht (korinthischen) Säulen ruhender Tempel; ein über die durch den Garten laufende Straße gebautes Portal und einige nachgemachte Ruinen, besonders die an ein Wasser anstoßenden. [...]
Ich freute mich, an einigen Dessauern in der Gesellschaft die erneute Bemerckung machen zu können, wie zufrieden sie mit ihrem Fürsten sind. Das Dessauische Ländchen ist unter ihm in der That eines der glücklichsten; er sucht auf alle Weise das Glück und den Wohlstand seiner Unterthanen zu befördern und versteht die Kunst, durch gut angebrachte Freygebigkeit und Veranlassung zum Verdienst für den gemeinen Mann, wie für den Handwercker, Künstler und Handelsmann ihrem allgemeinen und Privat-Wohl in der That beförderlich zu seyn, eine Sache, die in seinem kleinen Lande wohl angeht: dies zeigen seine kleinen Landhäuser; dies zeigen seine Gärten, von denen der Wörlitzer in der theuren Zeit angelegt, und mit denen er sein Land noch immer fort verschönert; seine neue Anlage in Wörlitz, seine Chausseen, Pappel- und Obst-Alleen, die überall die Wege angenehm machen, und noch so vieles andere, was ihm zu gleicher Zeit Beschäftigung und Vergnügen giebt. Ueberall führt er selbst die Oberaufsicht, wozu er viel Anlage hat, und dabey ist er gütig gegen jedermann [...] Die Oekonomie ist hier überall sehr gut beschaffen, man sieht nichts als reiche Felder und Wiesen, viel Rocken und besonders Rübsen und eine Menge Obst. Die Brache ist im Dessauischen ganz abgeschafft, da der gute Boden jährlich des Landmanns Mühn mit Wucher belohnen kann. Zuweilen muntert der Fürst durch Austheilung von Grundstücken zum Landbau auf; dies that er z.B. dies Jahr (1793) in Wörlitz, unter der Bedingung, daß jeder sein neues Feld mit Hecken von einem gewissen Gesträuch einfassen sollte; [...]“ (10)
Vom Freitag, den 23. Juni bis zum Montag, 26. Juni 1797 war Friedrich von Hardenberg mit Landvoigt, einem Hofmeister der jüngeren Geschwister, in Wörlitz und Dessau:
„[...]Freytag früh kamen wir im Regenwetter nach Dessau. Nachmittags hellte sich aber der Himmel auf und wir fuhren am köstlichsten Abend in Wörlitz ein. Auch der Sonnabend war schön - Den Tag vollendeten wir die den ersten Abend gleich angefangene Ansicht des Gartens. Der Fürst fuhr mit Gesellschaft und Musik Nachmittags auf den Gondeln. Sonntags sahen wir das Schloß, das Gothische Haus und fuhren Abends im himmlischen Wetter mit dem Kriegsrath v. Viereck und seiner Frau auf der Gondel. [...] Den Montag, wo wir nach Halle fuhren, und unterwegs in Dessau das Georgium besahen, hatt ich zuweilen einen hellen Gedanken.“ (11)
Dabei ist auffällig, daß das Reisejournal sehr detailliert über den Zusammenhang von schön geordneter Landschafts- und Gartengestaltung und politischer Haushaltung des Dessauer Fürsten handelt, der dem Autor für ein Muster eines aufgeklärten Landesherren gilt. Hardenberg (Novalis), der 1797 anonym ein staatstheoretisches Fragment unter dem Titel Glauben und Liebe oder Der König und die Königin an den preußischen König Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise gerichtet hatte, greift offensichtlich im Herbst 1798 auf das persönliche Beispiel des Dessauer Fürsten zurück, während er in seinen Physikalischen Fragmenten in einer Metapher abermals über den idealen Staat und das ideale Staatsoberhaupt philosophiert:
„[...] Der Zweck des Staats ist schön oeconomisch - besser gärtnerisch. Der Gärtner ist der Genius der Pflanzenwelt.“ (12)
Hardenberg (Novalis) empfand ähnlich wie Matthisson und Goethe, wie sehr der Dessauer Fürst nach seiner Devise „das Nützliche mit dem Schönen“ lebte und dabei verstand, seine Gartenschöpfung als „in befriedigende Wirklichkeit übergehende(n) Dichtertraum vom Elysium der Alten“ zu gestalten. (13)
Gärten symbolisieren für Hardenberg (Novalis) auf besondere und ideale Weise die Einheit von Mensch und Natur, von natürlicher Welt und Ideenwelt - also auch die Einheit von Geist und Natur. Was in der Natur nur vereinzelt existiert, kann in der Ideenwelt zu einem Ganzen wachsen; was in der Idee losgelöst von der Natur als Samenkorn enthalten ist, kann in der natürlichen Landschaft zu einer lebendigen Gestalt keimen und wachsen, ein sichtbares Ganzes bilden ähnlich wie in der kunstvollen Form des modernen Romans - beide stellen nach seiner Überzeugung ein „gemachtes Leben“ vor, in dem Natur zur Kunst führt und Kunst zur Natur wird. Deshalb ist der Garten für Novalis echte Naturpoesie, ist wiedererschaffenes Paradies Kraft der konstruktiven Phantasie.
Im praktischen Umgang mit dieser Idee von Novalis ist in Oberwiederstedt ein Projekt (14) von sieben synthetischen Steinen für sieben Gärten entstanden, das auf die ewige Verbindung von Mensch, Natur und Universum verweist und eine verlockende Geheimniskraft besitzt, weil es die Möglichkeit zum Ent-decken tieferer Aussagen über unser heutiges Verhältnis zur Natur anbietet und erst im Suchen der Sinn jedes Steines in der Gartenlandschaft wie das alle einigende Ideenband sich erschließt - dann aber auf eine überraschend einfache Weise. Hardenbergs (Novalis) Gedanken werden zu Stein(en), ohne dabei an Lebendigkeit zu verlieren, sie verkünden das Programm der „Regeneration des Paradieses“ als eine ganz alltägliche Aufgabe.
Seit Jahrhunderten wählten die Gartenarchitekten einen in der Regel schattigen Platz (unter Bäumen, Büschen, in Nischen von Felsen oder Lauben), um dort die Möglichkeit zum Ausruhen, zum besinnlichen Verweilen, zum Lesen oder zum Zwiegespräch mit der Natur zu schaffen. Eine (wie auch immer gestaltete) Bank im Garten ist Ort der Einkehr bei sich selbst - Rast, Ruhe der Bewegung. Der Dichter Novalis würde das den „Weg nach innen“ nennen. Durch die Besinnung und Erholung der Kräfte geht der Blick erneut nach außen in die Natur (des Gartens), und, gestärkt vielleicht durch eine Reflexion, auch wieder in die universelle große Natur. Der Blick weitet sich. Die einzelnen Steine sind Teil eines kleineren Ganzen, das der Garten repräsentiert, sie sind aber, die Entfernung der Gärten von einander überbrückend, auch Teil des alles umfassenden Ganzen: der Natur und des Universums. Ihre formale Einheit stellt sich im Symbol des Ouroborus - Ringes her, jedoch eben nur durch die „Einbildungskraft“ des Betrachters oder „Entdeckers“. Die Reise zu den Steinen in den verschiedenen Gärten ist so eine Entdeckungsreise mit vielen Dimensionen.
Die Idee des Gartens ist so dynamisch, wie der Garten selbst, dessen äußeres harmonisches Bild ständigem inneren Wechsel, dem Prozess des Lebens unterliegt: Kontinuität und Wandel werden nur an einem Punkt manifest, nämlich im jeweiligen „synthetischen Stein“, der eine wirkliche Synthese aus Materie und Geist, Idee und Form ist und als „Mosaik-Stein“ sowohl an vergangene Zeiten als auch an die Aufgabe der „Regeneration des Paradieses“ erinnert - auf Zukunft verweist.
Im Projekt der sieben synthetischen Steine manifestiert sich mit der Idee der „Regeneration des Paradieses“ ein Thema, durch das die Gartenträume in einer kulturgeschichtlich bedeutsamen und weitausgreifenden Tradition zwischen Antike und Zukunft stehen.
Am Geburtshaus Friedrich von Hardenbergs (Novalis), Schloss Oberwiederstedt, erinnert ein „Blauer Garten“ im Park an die paradiesische Vielfalt der Natur. Dorthin führt ein romantischer Pfad vom ehemaligen „Freigutsgarten“ zwischen Schloß und dem Dominikanerinnen Kloster vorbei an historischen Baumsorten (Mispeln, Maulbeeren, Walnüsse, Haselnüsse, Süßkirschen, Pflaumen- und Apfelbäume) auf der Wiese am alten Mühlgraben und am Standort der alten „Hardenbergischen Mühle“ entlang, wo vom 17. bis zum 19. Jahrhundert ein Bergbaustollen mit Wasserkunst angelegt war. Zwischen den Linden einer alten Allee, die Heinrich Ulrich Erasmus von Hardenberg aus Anlaß der Geburt seines ersten Sohnes - Georg Philipp Friedrich (Novalis) - anlegte, und dem kleinen Gartenhäuschen blühen vis a vis zum Schloß vom März bis zum Oktober über 60 verschiedene Blaue Blumen. Vierzig davon sind mit Unterstützung des Botanischen Gartens der Universität Halle-Wittenberg eingesetzt worden, darunter auch das aus dem 18. Jahrhundert stammende Gedenkemein, das im Pflanzenkorpus und den Blüten kräftiger und blauer auffällt als das heute gemeinhin bekannte Vergißmeinnicht. Wer in der Schloßbibliothek mehr über den Pflanzenbestand, blaue Gärten und schließlich über Novalis und seine Idee der Blauen Blume erfahren hat, wird im Garten mit Phantasie in das blaue Blütenmeer eintauchen, um seine Blume zu finden. In sein Material für eine Enzyklopädie aller Wissenschaften schrieb Friedrich von Hardenberg (Novalis):
Zukunftslehre des Lebens. Unser Leben ist kein Traum - aber es soll und wird vielleicht einer werden. (15)
In Novalis' Roman Heinrich von Ofterdingen träumt die Hauptfigur, ein Kaufmannssohn, einen Traum, der ihn zu einer langen, von unbestimmter Sehnsucht in die Ferne getriebenen Reise veranlassen wird:
„Was ihn aber mit voller Macht anzog, war eine hohe lichtblaue Blume, die zunächst an der Quelle stand, und ihn mit ihren breiten, glänzenden Blättern berührte. Rund um sie her standen unzählige Blumen von allen Farben, und der köstlichste Geruch erfüllte die Luft. Er sah nichts als die blaue Blume, und betrachtete sie lange mit unnennbarer Zärtlichkeit.“ (16)
Die vom Traum initiierte und begleitete Reise endet beim „Selbst“. Ausgerechnet eine zarte Blaue Blume - welche botanische Spezies auch Novalis' Metapher angeregt haben mag - transportiert auf schlichte Weise das tiefgründige pädagogisch - philosophische Programm der Selbstfindung. Die Alchemisten, in deren Schriften Hardenberg studiert hatte, ließen die Blaue Blume aus dem Ouroborus (einer sich in den Schwanz beißenden Schlange als Symbol der ewigen Einheit in Allem) neben Gold und Silber wachsen und nannten sie die flos sapientum - Blume der Weisheit, wie man sie in Hieronymus Reussners Pandora (1588) dargestellt findet.
Begegnung der Natur ist schließlich für Hardenberg (Novalis) Selbstbegegnung, die Blaue Blume eine schöne Metapher für den Erkenntnisweg des Menschen und in den Kräften der Phantasie abrufbar der Schlüssel zur Enträtselung der Naturgeheimnisse. Erst das Wissen um die Geschichte der Entwicklung von Natur und Mensch kann diese Kräfte aktivieren. Zu dieser Einsicht hingeführt werden auch die Lehrlinge zu Sais in dem gleichnamigen naturphilosophischen Romanfragment Hardenbergs (Novalis), die sich im ägyptischen Sais nahe dem Tempel versammelt haben, in dem die verschleierte Statue von Isis, der Göttin der Natur, steht, um die Sprache der Natur zu erlernen und ihre Verkündiger zu werden. Allmählich begreifen sie die „Pflanzen, Thiere, Steine, Elemente etc.“ als unendlich vielgestaltige, individuelle Wesen, „Es sind vergangene, geschichtliche Wesen. Die Natur ist eine versteinerte Zauberstadt.“ (17) Wer alle seine Sinne für die Natur öffnet, wird wieder die „Gespräche der Blumen und Thiere über Menschen, Religion, Natur und Wissenschaften“ (18) belauschen können und verstehen, daß nicht nur der Mensch allein spricht, „auch das Universum spricht - alles spricht - unendliche Sprachen. “ (19)
Jeder individuelle Garten ist eine Einladung zu solchem WechselGespräch.
1) KA 3, 628. Alle Novalis-Texte werden nach Novalis. Schriften. Die Werke Friedrich von Hardenbergs. Historisch-kritische Ausgabe (HKA), Stuttgart 1977 ff. unter Angabe von Band und Seite in arabischen Zahlen zitiert.
2) Garber, Jörn: Antagonismus und Utopie. Georg Forsters Städtebilder im Spannungsfeld von 'Wirklichkeit' Und 'Idee'. In: Von der Geometrie zur Naturalisierung. Hallesche Beiträge zur Europäischen Aufklärung 10.(Schriftenreihe des Interdisziplinären Zentrums für die Erforschung der Europäischen Aufklärung Martin Luther-Universität Halle-Wittenberg) S.209-236.
3) Rommel, Gabriele: Einleitung zu HKA 6.3, Schriften und Dokumente aus der Berufstätigkeit. S. 3-35.
4) Mähl, Hans-Joachim: Die Idee des goldenen Zeitalters im Werk des Novalis. Studien zur Wesensbestimmung der frühromantischen Utopie und zu ihren ideengeschichtlichen Voraussetzungen. Tübingen 1994.
5) Becker, Christian: Ökonomie und Natur in der Romantik. Das Denken von Novalis, Wordsworth und Thoreau als Grundlagen der Ökologischen Ökonomik. Marburg 2003. Außerdem: Rommel, Gabriele (Hrsg.): Licht der Erde Salz des Himmels - topographische Protokolle einer Bergbau-Landschaft. Katalog zur Ausstellung der Forschungsstätte für Frühromantik und des Novalis-Museums 2006. Wiederstedt 2006.
6) HKA 3, 55.
7) HKA 3, 446-47.
8) HKA 4, 6-21.
9) HKA 4, 46-47.
10) HKA 4, S.9-10.
11) HKA 4, 47.
12) HKA 3, 89.
13) Hirsch, Erhard: Utopia realisata. Utopie und Umsetzung: Aufgeklärt - humanistische Gartengestaltung in Anhalt-Dessau. In: Von der Geometrie zur Naturalisierung. Hallesche Beiträge zur Europäischen Aufklärung 10.(Schriftenreihe des Interdisziplinären Zentrums für die Erforschung der Europäischen Aufklärung Martin Luther-Universität Halle-Wittenberg) S.152-153.
14) Die Internationale Novalis-Gesellschaft und die Forschungsstätte haben das Projekt gemeinsam entwickelt und mit Unterstützung des Landes im Rahmen der Gartenträume im April 2004 einen ersten Stein in Zeitz etabliert. Das Gesamtvorhaben, das weitere sechs Gärten als Standorte vorsieht, war im Zeitrahmen des Projektes nicht vollständig zu verwirklichen.
15) HKA 3, 281. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hat den Oberwiederstedter Blauen Garten mit diesem Novalis-Zitat in eine Reihe von Karten sowie in den von ihr herausgegebenen ewigen Kalender "Die 365 schönsten Tage" aufgenommen, mit dem sie für Dichterhäuser wirbt, die durch ihre Unterstützung gerettet und erhalten wurden.
16) HKA 1, 197.
17) HKA 3, 564.
18) HKA 3, 673.
für Frühromantik
und Novalis-Museum
Schloss Oberwiederstedt
Internationale
Novalis-Gesellschaft e.V.
Novalis-Stiftung
Novalis and Philo-Sophie
Works now being published in English reveal the key role Novalis played in German culture
The success of the French Encyclopédie and its place in the Enlightenment has tended to obscure the role of encyclopaedism in German culture. Yet the ideal of universal knowledge has been a potent force in Germany, shaping the way the nation defined itself ever since the seventeenth century. Novalis played a key part in this debate, not least in seeking to redefine what he called “total science” – his name for encyclopaedism – as a means to achieve cultural renewal. Yet he was sentimentalized after his early death as the dreamy poet of the Blue Flower, and while this ensured his posthumous appeal, it resulted in the comparative neglect of his philosophy. His contribution to German idealism was only fully revealed, a century and a half after his death, by the editors of the critical edition of his works, a literary monument forty years in the making (reviewed in the TLS, October 13, 2000). The edition showed the full extent of the unpublished journals and notebooks, including hundreds of jottings and aphorisms, often circling round a plan for a Romantic encyclopaedia. The new image of Novalis, not unlike that of Coleridge brought about by the editing of his Notebooks, led to a wider revaluation, in which the Romantic dreamer has given way to the incisive philosopher. Now, two centuries after his death, the new material is at long last becoming available in English in versions beginning with Margaret Mahony Stoljar’s Philosophical Writings (1997) and Jane Kneller’s Fichte Studies (2003), and continuing with the volumes under review.
The new Novalis more than confirms Thomas Carlyle’s view of him as “the German Pascal”. Both men had practical talents, yet they both evinced a radical purity that drove them to treat the infinite as the only measure, and hence to redefine the thinking of the age; moreover, they both pursued a trajectory from mathematics to theology and did so with such intensity that their precocious beginnings could perhaps only be fulfilled in an equally premature death; while the search for a higher, absolute truth ended in fragmentary utterance. Yet if Pascal’s Pensées were the anguished conscience of the neoclassical age, Novalis’s Fragmente were rather the electrifying consciousness of modernity.
With Friedrich Schlegel, Novalis regarded Germany’s task in modern Europe as a dialectical reversal of the French Revolution: the reflective German Geist should respond to and transcend the materialistic excesses of the Terror. Novalis’s speech “Christendom or Europe” (1799), though on Goethe’s advice excluded from the founding journal of German Romanticism, the Athenaeum, constitutes the most potent political manifesto of the first Romantic school. At its core lies an encyclopaedic vision of European diversity that goes back to the Middle Ages, when the opposing states were spiritually united under Catholic hegemony, a period Novalis treats as a golden age. The German tradition from Kant and Lessing to Goethe and Schiller regarded enlightenment as the means for humanity to prevail over strife, and Novalis explicitly invites the enlightened “encyclopaedists” to participate in the movement towards not just a German revival, but a new, spiritually self-aware Europe.
The ultimate reliance of the political visionary on the mystical poet of the Blue Flower is evident in later poems such as the Hymns to the Night and in “Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren . . .”. The latter, as Ludwig Tieck recognized, distils Novalis’s belief into its most limpid form:
When no longer numbers and figures
Are the keys to all God’s creatures,
When those who sing or kiss
Know more than the greatest wits,
When the world is given back to life
And frees itself from earthly strife,
When light and shade in unity
Create a higher clarity,
And people see world-history
In fairy tales and poetry,
Then all confusion will fly away
At a single secret word.
This is the doctrine of a world history founded on inwardness that the late Penelope Fitzgerald so admired. In an essay on Yeats, she rehearses the credo almost verbatim: “the world will not be right till poetry is pronounced to be life itself, our own lives but shadows and poor imitations”. The Birth of Novalis, edited by Bruce Donehower, the title of which recalls the outworn image, actually dismantles the Novalis legend. This invaluable biographical collection concentrates on the engagement to Sophie von Kühn, from the poet’s meeting with the twelve-year-old to her excruciating death at just fifteen. It includes letters by Novalis, his brother Erasmus and Schlegel, and Sophie’s pathetic journal with its jottings such as “today was like yesterday nothing at all happened” – four days before her engagement to Novalis, which didn’t even rate an entry. The texts culminate in Novalis’s Journal of 1797, and conclude with the most important sources: the life by his brother Karl (1802), that by his mentor, August Cölestin Just (1805) and, still the best essay, that by Ludwig Tieck (1815). As Donehower aptly comments: “contrary to the stereotypical image of the otherworldly, solitary romantic”, Novalis is rarely alone. The diaries are filled with references to social events, to conversations, meals, walks, and so on. There are also some fairly frank notes on his sexual activity, what Novalis calls “the satisfaction of my fantastical desires”. Apart from occasional solecisms (“the father” for “father”, for example) the translation reads well.
Donehower follows recent scholarship in teasing out the poet’s changing identities, from the philosophy student, aspiring lawyer and gallant (“Fritz the flirt”), to Sophie’s admirer, her grief-stricken fiancé, the committed student at the Freiberg Mining Academy and the conscientious mining engineer. Sophie’s forbearance in her suffering became a cult – even Goethe visited her sickbed. She suffered three operations, but her liver tumour was incurable. Yet it was less the by all accounts remarkable living Sophie than the experience at her grave, the stimulus for the Hymns to the Night, which proved the defining factor in the poet’s life. The journal – as translated by Donehower – narrates:
"In the evening I went to Sophie. There I was indescribably joyful – lightning-like moments of enthusiasm – I blew the grave away from me like dust – centuries were as moments – her presence was palpable – I believed she would appear at any moment – "
Novalis anatomizes his unio mystica with Sophie in quasi-scientific detail, dissecting his actions and emotions to disclose the physical basis for the transcendental:
"As the mortal pain subsides, the spiritual sorrow grows stronger, along with a certain calm despair. The world becomes ever stranger – I feel increasing indifference towards the things around me and inside me. The brighter it gets around me and inside me – "
The narrative recalls the spiritual exercises practised by the Pietists to encourage the “inner light” to emerge. In following this goal, Novalis unites the mental with the affective sides of his personality to establish what he calls his “Philo-Sophie”. In his elevation of her into his ideal, Sophie becomes a mythical cult-figure, sharing aspects of the Virgin Mary and Christ, and personifying knowledge and wisdom. Human identity in general becomes a complex phenomenon for Novalis:
"A truly synthetic person is one who resembles many persons at once – a genius. Each person is the germinal point of an infinite genius. He is able to be divided into many persons, yet still remain one. The true analysis of person as such brings forth many persons – the person can only be individualized as persons, dissolution and dispersion. A person is a harmony – no admixture no movement – no substance such as “soul”. Spirit and person are one. (Energy is origin)"
It remained for Proust to realize Novalis’s starry dream, and to complete a novel as memory (“Er-Innerung”), a fiction that recreates the plural self by manifesting society as an inner cosmos.
Collectivism, on this Romantic view, was the social correlative of the plural self, and with Schlegel Novalis pursued what they called “symphilosophical” collaboration, a central axis of Jena Romanticism. The chief impetus for Novalis’s intellectual development, however, came from his encounter with Fichte at the University of Jena, and his breakthrough as a thinker is documented in the notebooks now known as the Fichte Studies. These form the philosophical counterpoint to his relations with Sophie. Jane Kneller’s translation of these is now followed by David W. Wood’s excellent version of the fragments from the next major phase in Novalis’s thought, generally known as The Universal Brouillon, to which Wood gives the more plausible and attractive title, Notes for a Romantic Encyclopaedia. It is to be hoped that this dextrous change will help establish the notebooks as a central text of early German Romanticism. Like other recent translators, Wood follows the historico-critical edition, and thereby confirms that the apparently intuitive thinker presented in the Athenaeum aphorisms (1798) was in fact a systematic seeker after truth. Wood’s volume also includes a short selection from the Freiberg Studies in Natural Science (1798–9). With its lucid introduction and notes, this essential volume enables the English-speaking reader to approach the Notes for a Romantic Encyclopaedia (1798–9) for the first time as a coherent text, part of a wider search in Germany for a new scientific method, a plan only later realized in modern physics. It should now take its rightful place alongside the “Oldest System-Programme of German Idealism” (1796) by Hegel, Hölderlin and Schelling, the first Romantic work to herald a poetically orientated physics; and Goethe’s exemplary fusion of science and poetry, On Morphology – which partly prompted, partly responded to the younger men’s theses. From anti-Newtonian musings such as these, the German scientific revolution associated with Planck, Einstein and Heisenberg was to draw a significant cultural inspiration.
Novalis called the philosophy of his Encyclopaedia “magical idealism”. Perhaps the nearest he came to explaining it was in a jotting of July 1798:
"To be an empiricist means to see thinking as conditioned by the influence of the outer world and things – empiricists are passive thinkers. Voltaire is a pure empiricist and so are many of the French philosophes . . . . the transcendental empiricists . . . make the transition to the dogmatists – from there to the visionaries – or transcendental dogmatists – then to Kant – from there to Fichte – and finally to magical idealism."
The magical idealist “wonderfully refracts the higher light”, and poetically transforms nature by “the magical, powerful faculty of thought”. This involves reinstating the Renaissance concept of the magus and applying it systematically to modern science.
On one occasion, Novalis also compares his project to a voyage of discovery:
"I have been on my journey of discovery, or on my pursuit, since I saw you last, and have chanced upon extremely promising coastlines – which perhaps circumscribe a new scientific continent. – This ocean is teeming with fledgeling islands.
The Athenaeum aphorisms, Blüthenstaub, only intimated the greater project:
"We are connected to every part of the universe, as with future and prehistory. It only depends on the direction and length of our concentration which relation we particularly wish to develop, which will become the most important for us, which will take effect. A true method of this procedure is probably nothing less than the long-sought art of invention; in fact it is probably more . . . ."
The newly translated notes go much further in exploring the new science Novalis calls “encylopaedistics”. The name for this “science of the sciences” may echo Diderot’s Encyclopédie, but Novalis seeks to outdo the French model by introducing dynamism to the idea of an Encyclopaedia, to study the “relationships – similarities – equalities – effects of the sciences on each other” to create “a scientific Bible”. His procedure instances the root meaning of the word “encyclo-paedia”, that is, a “circle of learning”. The approach entails turning scientific method on its head, as when Novalis claims to transform Bacon’s inductivism into a deductive method for “generating truths and ideas writ large – of generating inspired thoughts – of producing a living scientific organon”. As the Freiberg notebook records: “The combinatorial analysis of physics might be the indirect art of invention that was sought by Francis Bacon”.
The “circles” Novalis envisages in his “combinatorial analysis” are inspired by the medieval ars combinatoria, whose ideas retained an attraction for German thinkers down to Leibniz and Kant. The concentric wheels that Ramon Lull devised as a tool for inventing new ideas also serve Novalis as a model, and provide him with a motor for recombining existing ideas to create new ones. This method is, incidentally, related to the ones which the late Mary Douglas traces with such passion in Thinking in Circles (2007). As Novalis writes:
"There exists a sphere in which every proof is a circle – or an error – where nothing can be demonstrated – that is the sphere of the developed Golden Age. This and the polar sphere also harmonize. I realize the Golden Age – by developing the polar sphere. I am unconsciously in [the Golden Age], insofar as I am unconsciously in the polar sphere – and consciously, insofar as I am consciously in both."
The encyclopaedic Bible inducts the reader into the Golden Age: man returns to the prelapsarian state by rearranging the totality of all knowledge, thereby achieving a higher, paradisal consciousness. Man’s intellectual versatility reflects the universality of his creator. Yet the construct, like the self, remains unstable:
"Philosophy disengages everything – relativizes the universe – And like the Copernican system, eliminates the fixed points – creating a revolving system out of one at rest."
Novalis musters a dazzling array of disciplines to constitute his Romantic Encyclopaedia including mathematics, mineralogy, medicine, law, economics and music. Everything he touches he illuminates. Yet the totalizing aesthetic has its risks, both in precipitate insights, and in aspects of his theory of the State, understood as a “spiritual being” comparable to God. To combat absolutism, however, the Romantic Encyclopaedia looks for Kantian limitations: “Resolution of the main political problem . . . . Are combinations of opposed political elements possible a priori?”.
The philosophy of magical idealism led inevitably to the practice of literature. When Novalis abandoned the Romantic Encyclopaedia, it was to write the poetry it preaches, the “art of transforming everything into Sophie – or vice versa”. The Hymns to the Night brilliantly exemplify the turn: the poem’s success stems in no small part from the way it illumines the poet’s grief and mystically resolves his problems by an exegesis of world history. It is the first modern panoptic lyric, unmatched in visionary compass before Eliot’s Waste Land and Rilke’s Duino Elegies. In The Novices at Sais, his fragmentary Bildungsroman, Novalis develops the conceit of encyclopaedic circles to educate its main character, thereby also showing how world history advances by the combinatorial progress of humanity. The novel stems from an infatuation and later disappointment with Wilhelm Meister’s Apprenticeship. Goethe may not have approved, but he listened. In Wilhelm Meister’s Travels, he likewise favours the scientific path for his central character, and adapts Novalis’s method to represent the circles (“Kreise”) that compose society. In so doing, he replaces the abstract ars combinatoria used by Novalis with a sociological principle, more in tune with his own novel’s social theory, which offers a peaceful alternative to the route later proposed by Marx: a revaluation of labour, to remove the alienation that might lead to revolution, and a new respect for collectivism as a value.
For a fragile moment around 1800, then, there was a balance between individualism and collectivity in German culture, recalling the “Symphilosophie” envisaged by Schlegel: “Perhaps a whole new era will begin in the arts and sciences if Symphilosophie and Sympoesie become so general . . . that . . . complementary natures produce collective works”. Goethe paid homage to this ideal, when he called his Faust an “être collectif”. Novalis’s Romantic Encyclopaedia translates this joint activity to the political sphere, as in an entry on “Theory of a Nation. Pedagogy of a Nation”, concerning the interdependence of individual and collective. The protean method of his Romantic Encyclopaedia underpins much of his writing, where the disarming negations, reversals and pirouettes dissolve the rigidities of linear thought into a supple, lyrical dialectic. Thus Novalis the advocate of the State can also conclude: “In many places States should not be established at all . . .”. Such provocations retain a startling topicality.
Bruce Donehower, editor
THE BIRTH OF NOVALIS
Friedrich von Hardenberg’s Journal of 1797, with selected letters and documents
159pp. State University of New York Press. $25.
978 0 7914 6969 9
Novalis
NOTES FOR A ROMANTIC ENCYCLOPAEDIA
Das Allgemeine Brouillon
Translated, edited, and with an Introduction by David W. Wood
290pp. State University of New York Press. $35.
978 0 7914 6973 6
Jeremy Adler's translation of Hoelderlin's philosophical essays will be published next year.
schwer zu fassen, wenn auch (immerhin) ständig präsent
mit der auswahl* habe ich es mir nicht leicht gemacht und den teilnehmern wahrscheinlich auch nicht. marianne wird sicherlich auch nicht so ganz zufrieden sein. von kapitel 6 abgesehen ist novalis nämlich nur schwer zu fassen, wenn auch (immerhin) ständig präsent.
für 28.4. "Novalis I"
feigenblaetter : danke für die KARTE mit lebensstationen !
Schloss Oberwiederstedt@51.666319,11.530669Google maps
Natur
13. Fragment Blütenstaub 1797/98
Die Natur ist Feindin ewiger Besitzungen. Sie zerstört nach festen Gesetzen alle Zeichen des Eigentums, vertilgt alle Merkmale der Formation. Allen Geschlechtern gehört die Erde; jeder hat Anspruch auf alles. Die Frühern dürfen diesem Primogeniturzufalle keinen Vorzug verdanken. — Das Eigentumsrecht erlischt zu bestimmten Zeiten. Die Amelioration und Deterioration steht unter unabänderlichen Bedingungen. Wenn aber der Körper ein Eigentum ist, wodurch ich nur die Rechte eines aktiven Erdenbürgers erwerbe, so kann ich durch den Verlust dieses Eigentums nicht mich selbst einbüßen. Ich verliere nichts, als die Stelle in dieser Fürstenschule, und trete in eine höhere Korporation, wohin mir meine geliebten Mitschüler nachfolgen.
Philosophische Freundschaft
20.
Wenn man in der Mitteilung der Gedanken zwischen absolutem Verstehen und absolutem Nichtverstehen abwechselt, so darf das schon eine philosophische Freundschaft genannt werden. Geht es uns doch mit uns selbst nicht besser. Und ist das Leben eines denkenden Menschen wohl etwas anderes als eine stete innere Symphilosophie? [Friedrich Schlegel]
Sonntag, April 27, 2008
pour mons cher Fritz
SophieNovalis
pour mons cher Fritz
Guter Hardenberg Sehen Sie daß ich mein Versprechen [2. Seite] doch versprach er es so balt wie Ihre Sophie [Nachschrift der Danscour] Diese Zeilen müßen Ihnen (HKA IV, 466)
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Samstag, April 26, 2008
von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen
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stichwort: "u n h e i m l i c h" (Wolfgang)
Märchen von einem, der auszog, das Fürchten ... KHM 4 (1857)
Märchentyp AT: 326
Ein Vater hatte zwei Söhne, davon war der älteste klug und gescheit, und wusste sich in alles wohl zu schicken, der jüngste aber war dumm, konnte nichts begreifen und lernen: und wenn ihn die Leute sahen, sprachen sie: "Mit dem wird der Vater noch seine Last haben!" Wenn nun etwas zu tun war, so musste es der älteste allzeit ausrichten: hiess ihn aber der Vater noch spät oder gar in der Nacht etwas holen, und der Weg ging dabei über den Kirchhof oder sonst einen schaurigen Ort, so antwortete er wohl: "ach nein, Vater, ich gehe nicht dahin, es gruselt mir!" denn er fürchtete sich. Oder, wenn abends beim Feuer Geschichten erzählt wurden, wobei einem die Haut schaudert, so sprachen die Zuhörer manchmal: "Ach, es gruselt mir!"
Der jüngste sass in einer Ecke und hörte das mit an, und konnte nicht begreifen, was es heissen sollte. "Immer sagen sie: Es gruselt mir! Es gruselt mir! Mir gruselt’s nicht: das wird wohl eine Kunst sein, von der ich auch nichts verstehe."
Nun geschah es, dass der Vater einmal zu ihm sprach: "Hör du, in der Ecke dort, du wirst gross und stark, du musst auch etwas lernen, womit du dein Brot verdienst. Siehst du, wie dein Bruder sich Mühe gibt, aber an dir ist Hopfen und Malz verloren."
"Ei, Vater," antwortete er, "ich will gerne was lernen; ja, wenns anginge, so möchte ich lernen, dass mir gruselte; davon verstehe ich noch gar nichts." Der älteste lachte, als er das hörte, und dachte bei sich: "Du lieber Gott, was ist mein Bruder ein Dummbart, aus dem wird sein Lebtag nichts: was ein Häkchen werden will, muss sich beizeiten krümmen." Der Vater seufzte und antwortete ihm: "Das Gruseln, das sollst du schon lernen, aber dein Brot wirst du damit nicht verdienen."
Bald danach kam der Küster zum Besuch ins Haus, da klagte ihm der Vater seine Not und erzählte, wie sein jüngster Sohn in allen Dingen so schlecht beschlagen wäre, er wüsste nichts und lernte nichts. "Denkt Euch, als ich ihn fragte, womit er sein Brot verdienen wollte, hat er gar verlangt, das Gruseln zu lernen."
"Wenn’s weiter nichts ist," antwortete der Küster, "das kann er bei mir lernen; tut ihn nur zu mir, ich werde ihn schon abhobeln." Der Vater war es zufrieden, weil er dachte "der Junge wird doch ein wenig zugestutzt." Der Küster nahm ihn also ins Haus, und er musste die Glocke läuten. Nach ein paar Tagen weckte er ihn um Mitternacht, hiess ihn aufstehen, in den Kirchturm steigen und läuten. "Du sollst schon lernen, was Gruseln ist," dachte er, ging heimlich voraus, und als der Junge oben war, und sich umdrehte und das Glockenseil fassen wollte, so sah er auf der Treppe, dem Schalloch gegenüber, eine weisse Gestalt stehen.
"Wer da?" rief er, aber die Gestalt gab keine Antwort, regte und bewegte sich nicht. "Gib Antwort," rief der Junge, "oder mache, dass du fortkommst, du hast hier in der Nacht nichts zu schaffen." Der Küster aber blieb unbeweglich stehen, damit der Junge glauben sollte, er wäre ein Gespenst.
Der Junge rief zum zweitenmal: "Was willst du hier? Sprich, wenn du ein ehrlicher Kerl bist, oder ich werfe dich die Treppe hinab."
Der Küster dachte: "Das wird so schlimm nicht gemeint sein," gab keinen Laut von sich und stand, als wenn er von Stein wäre. Da rief ihn der Junge zum drittenmal an, und als das auch vergeblich war, nahm er einen Anlauf und stiess das Gespenst die Treppe hinab, dass es zehn Stufen hinabfiel und in einer Ecke liegen blieb. Darauf läutete er die Glocke, ging heim, legte sich, ohne ein Wort zu sagen, ins Bett und schlief fort. Die Küstersfrau wartete lange Zeit auf ihren Mann, aber er wollte nicht wiederkommen. Da ward ihr endlich angst, sie weckte den Jungen und fragte: "Weisst du nicht, wo mein Mann geblieben ist? Er ist vor dir auf den Turm gestiegen."
"Nein," antwortete der Junge, "aber da hat einer dem Schalloch gegenüber auf der Treppe gestanden, und weil er keine Antwort geben und auch nicht weggehen wollte, so habe ich ihn für einen Spitzbuben gehalten und hinuntergestossen. Geht nur hin, so werdet Ihr sehen ob er’s gewesen ist, es sollte mir leid tun." Die Frau sprang fort und fand ihren Mann, der in einer Ecke lag und jammerte, und ein Bein gebrochen hatte. Sie trug ihn herab und eilte dann mit lautem Geschrei zu dem Vater des Jungen. "Euer Junge," rief sie, "hat ein grosses Unglück angerichtet, meinen Mann hat er die Treppe hinabgeworfen, dass er ein Bein gebrochen hat: schafft den Taugenichts aus unserm Haus." Der Vater erschrak, kam herbeigelaufen und schalt den Jungen aus. "Was sind das für gottlose Streiche, die muss dir der Böse gegeben haben."
"Vater," antwortete er, "hört nur an, ich bin ganz unschuldig: er stand da in der Nacht wie einer, der Böses im Sinne hat. Ich wusste nicht, wer’s war, und hab ihn dreimal ermahnt, zu reden oder wegzugehen.
"Ach," sprach der Vater, "mit dir erleb ich nur Unglück, geh mir aus den Augen, ich will dich nicht mehr ansehen."
"Ja, Vater, recht gerne, wartet nur, bis der Tag ist, da will ich ausgehen und das Gruseln lernen, so versteh ich doch eine Kunst, die mich ernähren kann."
"Lerne, was du willst," sprach der Vater, "mir ist alles einerlei. Da hast du fünfzig Taler, damit geh in die weite Welt und sage keinem Menschen, wo du her bist und wer dein Vater ist, denn ich muss mich deiner schämen."
"Ja, Vater, wie Ihr’s haben wollt, wenn Ihr nicht mehr verlangt, das kann ich leicht in acht behalten."
Als nun der Tag anbrach, steckte der Junge seine fünfzig Taler in die Tasche, ging hinaus auf die grosse Landstrasse und sprach immer vor sich hin: "Wenn mir’s nur gruselte! Wenn mir’s nur gruselte!" Da kam ein Mann heran, der hörte das Gespräch, das der Junge mit sich selber führte, und als sie ein Stück weiter waren, dass man den Galgen sehen konnte, sagte der Mann zu ihm: "Siehst du, dort ist der Baum, wo siebene mit des Seilers Tochter Hochzeit gehalten haben und jetzt das Fliegen lernen: setz dich darunter und warte, bis die Nacht kommt, so wirst du schon das Gruseln lernen."
"Wenn weiter nichts dazu gehört," antwortete der Junge, "das ist leicht getan; lerne ich aber so geschwind das Gruseln, so sollst du meine fünfzig Taler haben, komm nur morgen früh wieder zu mir."
Da ging der Junge zu dem Galgen, setzte sich darunter und wartete, bis der Abend kam. Und weil ihn fror, machte er sich ein Feuer an: aber um Mitternacht ging der Wind so kalt, dass er trotz des Feuers nicht warm werden wollte. Und als der Wind die Gehenkten gegeneinander stiess, dass sie sich hin- und herbewegten, so dachte er: "Du frierst unten bei dem Feuer, was mögen die da oben erst frieren und zappeln." Und weil er mitleidig war, legte er die Leiter an, stieg hinauf, knüpfte einen nach dem andern los, und holte sie alle siebene herab. Darauf schürte er das Feuer, blies es an und setzte sie ringsherum, dass sie sich wärmen sollten. Aber sie sassen da und regten sich nicht, und das Feuer ergriff ihre Kleider. Da sprach er: "Nehmt euch in acht, sonst häng ich euch wieder hinauf." Die Toten aber hörten nicht, schwiegen und liessen ihre Lumpen fortbrennen. Da ward er bös und sprach: "Wenn ihr nicht achtgeben wollt, so kann ich euch nicht helfen, ich will nicht mit euch verbrennen," und hing sie nach der Reihe wieder hinauf. Nun setzte er sich zu seinem Feuer und schlief ein, und am andern Morgen, da kam der Mann zu ihm, wollte die fünfzig Taler haben und sprach: "Nun, weisst du, was Gruseln ist?"
"Nein," antwortete er, "woher sollte ichs wissen? Die da droben haben das Maul nicht aufgetan und waren so dumm, dass sie die paar alten Lappen, die sie am Leibe haben, brennen liessen." Da sah der Mann, dass er die fünfzig Taler heute nicht davontragen würde, ging fort und sprach "so einer ist mir noch nicht vorgekommen."
Der Junge ging auch seines Wegs und fing wieder an vor sich hin zu reden: "Ach, wenn mir’s nur gruselte! Ach, wenn mir’s nur gruselte!" Das hörte ein Fuhrmann, der hinter ihm herschritt, und fragte: "Wer bist du?"
"Ich weiss nicht," antwortete der Junge. Der Fuhrmann fragte weiter: "Wo bist du her?" "Ich weiss nicht." "Wer ist dein Vater?" "Das darf ich nicht sagen." "Was brummst du beständigen den Bart hinein?" "Ei," antwortete der Junge, "ich wollte, dass mir’s gruselte, aber niemand kann mich’s lehren." "Lass dein dummes Geschwätz," sprach der Fuhrmann, "komm, geh mit mir, ich will sehen, dass ich dich unterbringe." Der Junge ging mit dem Fuhrmann, und abends gelangten sie zu einem Wirtshaus, wo sie übernachten wollten. Da sprach er beim Eintritt in die Stube wieder ganz laut:" Wenn mir’s nur gruselte! Wenn mir’s nur gruselte!" Der Wirt, der das hörte, lachte und sprach: "Wenn dich danach lüstet, dazu sollte hier wohl Gelegenheit sein."
"Ach schweig stille," sprach die Wirtsfrau, "so mancher Vorwitzige hat schon sein Leben eingebüsst, es wäre Jammer und Schade um die schönen Augen, wenn die das Tageslicht nicht wieder sehen sollten." Der Junge aber sagte: "Wenn’s noch so schwer wäre, ich will’s einmal lernen, deshalb bin ich ausgezogen." Er liess dem Wirt keine Ruhe, bis dieser erzählte, nicht weit davon stände ein verwünschtes Schloss, wo einer wohl lernen könnte, was Gruseln wäre, wenn er nur drei Nächte darin wachen wollte. Der König hätte dem, der’s wagen sollte, seine Tochter zur Frau versprochen, und die wäre die schönste Jungfrau, welche die Sonne beschien: in dem Schlosse steckten auch grosse Schätze, von bösen Geistern bewacht, die würden dann frei und könnten einen Armen reich genug machen. Schon viele wären wohl hinein-, aber noch keiner wieder herausgekommen.
Da ging der Junge am andern Morgen vor den König und sprach: "Wenns erlaubt wäre, so wollte ich wohl drei Nächte in dem verwünschten Schlosse wachen." Der König sah ihn an, und weil er ihm gefiel, sprach er: "Du darfst dir noch dreierlei ausbitten, aber es müssen leblose Dinge sein, und das darfst du mit ins Schloss nehmen." Da antwortete er: "So bitt ich um ein Feuer, eine Drehbank und eine Schnitzbank mit dem Messer."
Der König liess ihm das alles bei Tage in das Schloss tragen. Als es Nacht werden wollte, ging der Junge hinauf, machte sich in einer Kammer ein helles Feuer an, stellte die Schnitzbank mit dem Messer daneben und setzte sich auf die Drehbank. "Ach, wenn mir’s nur gruselte!" sprach er, "aber hier werde ich’s auch nicht lernen."
Gegen Mitternacht wollte er sich sein Feuer einmal aufschüren: wie er so hineinblies, da schrie’s plötzlich aus einer Ecke: "Au, miau! Was uns friert!" "Ihr Narren," rief er, "was schreit ihr? Wenn euch friert, kommt, setzt euch ans Feuer und wärmt euch."
Und wie er das gesagt hatte, kamen zwei grosse schwarze Katzen in einem gewaltigen Sprunge herbei, setzten sich ihm zu beiden Seiten und sahen ihn mit ihren feurigen Augen ganz wild an. Über ein Weilchen, als sie sich gewärmt hatten, sprachen sie: "Kamerad, wollen wir eins in der Karte spielen?" "Warum nicht?" antwortete er, "aber zeigt einmal eure Pfoten her."
Da streckten sie die Krallen aus. "Ei," sagte er, "was habt ihr lange Nägel! Wartet, die muss ich euch erst abschneiden." Damit packte er sie beim Kragen, hob sie auf die Schnitzbank und schraubte ihnen die Pfoten fest. "Euch habe ich auf die Finger gesehen," sprach er, "da vergeht mir die Lust zum Kartenspiel," schlug sie tot und warf sie hinaus ins Wasser. Als er aber die zwei zur Ruhe gebracht hatte und sich wieder zu seinem Feuer setzen wollte, da kamen aus allen Ecken und Enden schwarze Katzen und schwarze Hunde an glühenden Ketten, immer mehr und mehr, dass er sich nicht mehr bergen konnte: die schrien greulich, traten ihm auf sein Feuer, zerrten es auseinander und wollten es ausmachen.
Das sah er ein Weilchen ruhig mit an, als es ihm aber zu arg ward, fasste er sein Schnitzmesser und rief: "Fort mit dir, du Gesindel", und haute auf sie los. Ein Teil sprang weg, die andern schlug er tot und warf sie hinaus in den Teich.
Als er wiedergekommen war, blies er aus den Funken sein Feuer frisch an und wärmte sich. Und als er so sass, wollten ihm die Augen nicht länger offen bleiben, und er bekam Lust zu schlafen. Da blickte er um sich und sah in der Ecke ein grosses Bett, "das ist mir eben recht," sprach er und legte sich hinein. Als er aber die Augen zutun wollte, so fing das Bett von selbst an zu fahren, und fuhr im ganzen Schloss herum.
Recht so," sprach er, "nur besser zu." Da rollte das Bett fort, als wären sechs Pferde vorgespannt, über die Schwellen und Treppen auf und ab: auf einmal hopp, hopp! warf es um, das unterste zu oberst, dass es wie ein Berg auf ihm lag. Aber er schleuderte Decken und Kissen in die Höhe, stieg heraus und sagte: "Nun mag fahren, wer Lust hat," legte sich an sein Feuer und schlief, bis es Tag war.
Am Morgen kam der König, und als er ihn da auf der Erde liegen sah, meinte er, die Gespenster hätten ihn umgebracht, und er wäre tot. Da sprach er: "Es ist doch schade um den schönen Menschen." Das hörte der Junge, richtete sich auf und sprach "so weit ist’s noch nicht!" Da verwundene sich der König, freute sich aber und fragte, wie es ihm gegangen wäre.
"Recht gut", antwortete er, "eine Nacht wäre herum, die zwei andern werden auch herumgehen." Als er zum Wirt kam, da machte der grosse Augen. "Ich dachte nicht," sprach er, "dass ich dich wieder lebendig sehen würde; hast du nun gelernt, was Gruseln ist?"
"Nein," sagte er, "es ist alles vergeblich: wenn mir’s nur einer sagen könnte!" Die zweite Nacht ging er abermals hinauf ins alte Schloss, setzte sich nein Feuer und fing sein altes Lied wieder an: "Wenn mir’s nur gruselte!"
Wie Mitternacht herankam, liess sich ein Lärm und Gepolter hören, erst sachte, dann immer stärker, dann wars ein bisschen still, endlich kam mit lautem Geschrei ein halber Mensch den Schornstein herab und fiel vor ihm hin.
"Heda!" rief er, "noch ein halber gehört dazu, das ist zu wenig." Da fing der Lärm von frischem an, es tobte und heulte, und fiel die andere Hälfte auch herab. "Wart," sprach er, "ich will dir erst das Feuer ein wenig anblasen." Wie er das getan hatte und sich wieder umsah, da waren die beiden Stücke zusammengefahren, und sass da ein greulicher Mann auf seinem Platz.
"So haben wir nicht gewettet," sprach der Junge, "die Bank ist mein." Der Mann wollte ihn wegdrängen, aber der Junge liess sichs nicht gefallen, schob ihn mit Gewalt weg und setzte sich wieder auf seinen Platz. Da fielen noch mehr Männer herab, einer nach dem andern, die holten neun Totenbeine und zwei Totenköpfe, setzten auf und spielten Kegel. Der Junge bekam auch Lust und fragte: "Hört ihr, kann ich mit sein?"
"Ja, wenn du Geld hast." "Geld genug," antwortete er, "aber eure Kugeln sind nicht recht rund." Da nahm er die Totenköpfe, setzte sie in die Drehbank und drehte sie rund. "So, jetzt werden sie besser schüppeln," sprach er "heida, nun geht’s lustig!" Er spielte mit und verlor etwas von seinem Geld, als es aber zwölf schlug, war alles vor seinen Augen verschwunden. Er legte sich nieder und schlief ruhig ein.
Am andern Morgen kam der König und wollte sich erkundigen. "Wie ist dirs diesmal ergangen?" fragte er. "Ich habe gekegelt," antwortete er, "und ein paar Heller verloren." "Hat dir denn nicht gegruselt?" "Ei was," sprach er, "lustig hab ich mich gemacht. Wenn ich nur wüsste, was Gruseln wäre!" In der dritten Nacht setzte er sich wieder auf seine Bank und sprach ganz verdriesslich: "Wenn es mir nur gruselte!"
Als es spät ward, kamen sechs grosse Männer und brachten eine Totenlade hereingetragen. Da sprach er: "Haha, das ist gewiss mein Vetterchen, das erst vor ein paar Tagen gestorben ist," winkte mit dem Finger und rief: "Komm Vetterchen, komm!" Sie stellten den Sarg auf die Erde, er aber ging hinzu und nahm den Deckel ab: da lag ein toter Mann darin. Er fühlte ihm ans Gesicht, aber es war kalt wie Eis. "Wart," sprach er, "ich will dich ein bisschen wärmen," ging ans Feuer, wärmte seine Hand und legte sie ihm aufs Gesicht, aber der Tote blieb kalt. Nun nahm er ihn heraus, setzte sich ans Feuer und legte ihn auf seinen Schoss, und rieb ihm die Arme, damit das Blut wieder in Bewegung kommen sollte. Als auch das nichts helfen wollte, fiel ihm ein: "Wenn zwei zusammen im Bett liegen, so wärmen sie sich," brachte ihn ins Bett, deckte ihn zu und legte sich neben ihn.
Über ein Weilchen ward auch der Tote warm und fing an sich zu regen. Da sprach der Junge: "Siehst du, Vetterchen, hätt ich dich nicht gewärmt!" Der Tote aber hub an und rief: "Jetzt will ich dich erwürgen."
"Was," sagte er, "ist das mein Dank? Gleich sollst du wieder in deinen Sarg," hub ihn auf, warf ihn hinein und machte den Deckel zu; da kamen die sechs Männer und trugen ihn wieder fort. "Es will mir nicht gruseln," sagte er, "hier lerne ich’s mein Lebtag nicht."
Da trat ein Mann herein, der war grösser als alle anderen, und sah fürchterlich aus; er war aber alt und hatte einen langen weissen Bart. "O du Wicht," rief er, "nun sollst du bald lernen, was Gruseln ist, denn du sollst sterben." "Nicht so schnell", antwortete der Junge, "soll ich sterben, so muss ich auch dabei sein." "Dich will ich schon packen," sprach der Unhold. "Sachte, sachte, mach dich nicht so breit; so stark wie du bin ich auch, und wohl noch stärker." "Das wollen wir sehen," sprach der Alte, "bist du stärker als ich, so will ich dich gehn lassen; komm, wir wollen’s versuchen."
Da führte er ihn durch dunkle Gänge zu einem Schmiedefeuer, nahm eine Axt und schlug den einen Amboss mit einem Schlag in die Erde. "Das kann ich noch besser," sprach der Junge und ging zu dem andern Amboss: der Alte stellte sich neben hin und wollte zusehen, und sein weisser Bart hing herab. Da fasste der Junge die Axt, spaltete den Amboss auf einen Hieb und klemmte den Bart des Alten hinein. "Nun hab ich dich," sprach der Junge, "jetzt ist das Sterben an dir." Dann fasste er eine Eisenstange und schlug auf den Alten los, bis er wimmerte und bat, er möchte aufhören, er wollte ihm grosse Reichtümer geben.
Der Junge zog die Axt raus, und liess ihn los. Der Alte führte ihn wieder ins Schloss zurück und zeigte ihm in einem Keller drei Kasten voll Gold. "Davon," sprach er, "ist ein Teil den Armen, der andere dem König, der dritte dein." Indem schlug es zwölfe, und der Geist verschwand, also dass der Junge im Finstern stand. "Ich werde mir doch heraushelfen können", sprach er, tappte herum, fand den Weg in die Kammer und schlief dort bei seinem Feuer ein.
Am andern Morgen kam der König und sagte: "Nun wirst du gelernt haben, was Gruseln ist?" "Nein," antwortete er, "was ist’s nur? Mein toter Vetter war da, und ein bärtiger Mann ist gekommen, der hat mir da unten viel Gold gezeigt, aber was Gruseln ist, hat mir keiner gesagt." Da sprach der König "du hast das Schloss erlöst und sollst meine Tochter heiraten." "Das ist all recht gut," antwortete er, "aber ich weiss noch immer nicht, was Gruseln ist."
Da ward das Gold heraufgebracht und die Hochzeit gefeiert, aber der junge König, so lieb er seine Gemahlin hatte und so vergnügt er war, sagte doch immer: "Wenn mir nur gruselte, wenn mir nur gruselte." Das verdross sie endlich. Ihr Kammermädchen sprach: "Ich will Hilfe schaffen, das Gruseln soll er schon lernen." Sie ging hinaus zum Bach, der durch den Garten floss, und liess sich einen ganzen Eimer voll Gründlinge holen.
Nachts, als der junge König schlief, musste seine Gemahlin ihm die Decke wegziehen und den Eimer voll kalt Wasser mit den Gründlingen über ihn herschütten, dass die kleinen Fische um ihn herumzappelten. Da wachte er auf und rief: "Ach was gruselt mir, was gruselt mir, liebe Frau! Ja, nun weiss ich, was Gruseln ist."
Auf die Schiffe, Ihr Philosoph(inn)en ! / Romantik
Johann Gottfried (von) Herder (1744 – 1803)
Zusammen mit Christoph Martin Wieland, Johann Wolfgang Goethe, Friedrich Schiller sog. klassische „Viergestirn“ von Weimar
1769 Seefahrt von Riga Richtung Nantes (Roggen und Flachs)
Werke (Auszug): Abhandlung über den Ursprung der Sprache (1772), Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit (4 Bd. 1784 – 1791), Briefe zur Beförderung der Humanität (1793 – 1797), Metakritik zur Kritik der reinen Vernunft (1799)
Herders Lebensphilosophie
Bruch mit dem (angeblichen) Primat der „Vernünftigkeit“ und „Verkopfung“ der Philosophie / Gelehrten / Rationalismus
Lebendige vs. Abstrakte Vernunft
Anregung des Geniekultes im Sturm und Drang
„Bei wem das Leben frei strömen und seine schöpferische Kraft entfalten kann, der gilt dort als Genie.“
„Leben“; alles ist Leben: Goethes Werther: „Ich finde überall Leben nichts als Leben…“
Safranski 2007, p. 21
Abgrund des Lebendigen: Unergründlichkeit, gewaltig, unvorhersehbar
„Natur“; schöpferisch und unheimlich
Neuinterpretation der Geschichte: Naturgeschichte als Entwicklungsgeschichte
Entwicklung = mineralische -> vegetative -> animalische Stufe
Vorstufen des Menschen
Mensch kann (und muss sich) selbst-bilden durch Intelligenz und Sprache; wirkt selbst als (zweite) Natur -> schafft Kultur (Mensch als Mängelwesen)
Kulturgeschichte = Naturgeschichte
Natur wirkt im Menschen und somit auch in der Kultur (Beförderung der Humanität)
Humanität = wahrhafte Realisierung der menschlichen Natur
Beförderung der Humanität ein dynamischer Prozess
Nicht linear, sondern mit Brüchen und Umbrüchen, Stößen und Revolutionen
Individualismus / Personalismus
Der Mensch ist ein Abstraktum, es gibt nur die Menschen
Jedes Individuum prägt das aus was der Mensch sein kann
Mensch muss die Natur (individuellen Lebenskeim) in sich spüren
und (in der Gemeinschaft) zur Entfaltung bringen (können)
Gemeinschaft eine Art größeres Individuum -> Geist,
„Volksgeister“ Safranski 2007 / 26:„Um diesen Volksgeistern auf die Spur zu kommen, hat Herder auf seiner Schiffsreise1769 den Plan gefasst, Voplkslieder und sonstige kulturelle Zeugnisse der Völker zu sammeln. Erwird ihn in die Tat umsetzen und damit den Romantikern Anstoß und Vorbild sein“
Herders Pariotismus war demokratisch und „multikulti“: keine Herrschaft eines Volkes über andere Völker, sondern „Garten der Vielfalt“ /p. 27, „wo die Volkskulturen in Abgrenzung, Austausch und wechselseitiger Befruchtung ihre jeweils besten Möglichkeiten entwickeln“.
Die Fragen in der Seminarsitzung bezogen sich zum einen auf Fichte.
Inwiefern entspricht der Begriff/Gedanke der "Natur" bei Herder (oder
in der Romantik) dem was Fichte das "Ich" und "Nicht-Ich" bezeichnet?
Meine eigene Frage war, wie das Wort "unheimlich" in Bezug auf Natur
zu verstehen sei. "Unheimlich" kann bedeuten unheimlich, gruselig,
gespentisch - also die gängige Bedeutung. Zum anderen könnte ich es
auch im eigentlichen Wortsinne verstehen, also un-heimlich. In diesem
Falle könnte unheimlich bereits den Drang/Zwang des Menschen
ausdrücken sich eine Kultur schaffen zu müssen und im gewissen Sinne
von der (natürlichen) Natur entfremdet ist und sich seine eigene Natur
schaffen muss. (Dieser Gedankengang scheint aber typisch abendländisch
zu sein --> vgl. Naturverständnis in der chinesischen Philosophie in
der Natur positiv konnotiert ist.)
Desweiteren war festzustellen dass es um die allgemeine Kenntnis von
historischen Daten der Geschichte Europas/Deutschlands nicht gut bestellt ist
1789
1791 Novalis besucht in Jena Schillers Vorlesungen
1793
1797 / 19. März
1798 Novalis in der Bergakademie Freiberg / Mentor Bergrat Carpentier und Tochter Julie -16.März ; Novalis stirbt 1801 (mit 29) verlobt mit Julie und im Nachlass: Heinrich von Afterdingen (rom. Romanfragment)
1804
1805 Schillers Tod
1813 Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Kechte -p.186
1814 Fichte stirbt an dem durch Verwundete der Befreiungskriege eingeschleppten Nervenfieber
Sonntag, April 06, 2008
denkt Fichte romantisch?
„nahe dich, freiheit“
19.o5. 1794 FICHTE / Sandra
reclam : Theorie der Romantik
Peter Rohs: Johann Gottlieb Fichte, beck reihe denker, 2007 (2) München
26.o5. Das älteste Systemprogramm ...(Hölderlin -Hegel - Schelling) / Sebastian
2.o6. TIECK & WACKENRODER / Tobias
9.o6. NOVALIS 2 / Iris
23.o6. SCHLEIERMACHER & SCHLEGEL 2 / Patrick
30.o6. Romantisches Unbehagen an der Normalität / Piotr
7.o7. Frische Fahrt. EICHENDORF & HOFFMANN / Bettina
Samstag 12.o7: Symposion zu Nachwirkungen der Romantik
(bitte diesen Tag vormerken)
Auffallende Frauen in der R. / Marianne
Romantische Politik / Gastredner Paul
Der Kursplan ist angelehnt an Rüdiger Safranski, Romantik. Eine deutsche Affäre (2007); siehe die Hinweise auf Literatur zu vertiefender Lektüre, p. 395 ff. ; Ricarda Huch