Abschied von einem Unbequemen :
Thomas F. Mastronardi starb im Juni 2014
Thomas F. Mastronardi starb im Juni 2014
Vor 2 Jahren, 2012, vertraute Thomas mir 2 Texte an, die ich
im Sammelband PHILOSOPHISCHE PRAXIS IV
„Viel Glück!“ veröffentlichte. Der eine trägt den Titel: „Buddhismus/
Existenzialismus“. Der andere: „Drum prüfe“ – ist eine sehr zarte
philosophische Trauungsrede. Einen dritten Beitrag „Was mir fehlt“ (in den
Überlegungen Sloterdijks) hatte ich schon 2010 aufgenommen in PHILOSOPHISCHE
PRAXIS II „Leben ändern? – WIR ÜBEN“. Hier agiert der scharfzüngige Anwalt
Mastronardi und fordert Gerechtigkeit ein. Und in diese Richtung gingen auch
typische Vorstösse von Thomas beim café
philo in Bern (Mastronardi/Roth/Staude).
Daher werde ich nun
aus WAS MIR FEHLT etwas anführen. Thomas war ein Advocat des öffentlichen
Philosophierens. Dabei dachte er bis
zuletzt auch daran, wie guten Gedanken auch eine wirksame Verbreitung
verschafft werden könne. Daher regte er auch eine Video-Aufnahme unseres
Philosophierens an. Dies lässt sich aber
bei einem café philo nicht so unproblematisch machen, wie ein
Veranstaltungsmitschnitt in der Uni.
Und nun lasse ich Mastronardi selber zu Wort kommen. Da
spricht er von Sartre, „der seine Philosophie der Freiheit und der Wahlfreiheit
sowohl privat, wie politisch, schriftstellerisch wie philosophisch, in der
französischen Résistance und auch… (später) auf der Straße in oppositionellen
Demonstrationen engagiert gelebt hat.“ (87)
Und weiter: „Was nützen private Übungen, wenn den Übenden,
den Tugendhaften die Macht fehlt? Was bringt das Ethos der machtlosen acht
Milliarden Menschen, wenn letztlich ein paar hundert Banker, welche die
zehntausend Reichsten und Mächtigsten vertreten, alles zugunsten ihres Kapitals
entscheiden?“ (87)
Mastronardi war durchaus zu handfesten (utopischen)
Vorschlägen aufgelegt: „das Erbrecht könnte weltweit so verändert werden, dass
an Privatvermögen „nur“ zehn Millionen € zu erben/vererben sind und der Rest
über die UNO direkt für Selbsthilfeprojekte für die Ärmsten der Welt eingesetzt
wird.“ (88)
Sein kurzer Beitrag
endet mit Hinweisen zur >Anerkennungsgesellschaft< (Hegel, Honneth), ein
Thema, das ihn noch weiter beschäftigen sollte. Ein noch nicht abgeschlossener
Text dazu ist in seinem Nachlass. Im Text von 2010 heisst es: „Durch
Anerkennung des Differenten, des (uns) Fremden können wir … multikulturelle
Gemeinschaften und Gesellschaften gründen (siehe Brasilien) … Der Kynismus …
führt… zu Respekt und Anerkennung… durch Einübung neuer, guter Gewohnheiten.“
Thomas Felix - amigo, R I P !
Diskutieren wir im Andenken an (und aufnehmend Anliegen von) Thomas F. Mastronardi
nicht über einen philosophischen Text, sondern ausgehend von dem Film
der Regisseurin ICÍAR BOLLAÍN (*1967
Madrid) UND DANN DER REGEN nach einem Drehbuch von Paul Laverty (Anwalt in
Glasgow, seit den 1980ger Jahren aktiv
in Menschenrechtsgruppen in Mittelamerika, Bread and Roses 2000, It´s a Free
World 2007). In der ersten Fassung des Drehbuchs spielte die erzählte
Geschichte vollständig in der Zeit von
Kolumbus und seiner Entdeckung der (für die Europäer) >Neuen Welt<. Die
Regisseurin schreibt: „Der >Wasserkrieg<, der im Jahr 2000 im bolivianischen
Cochabamba stattfand, war ein eindrucksvolles Beispiel für den zivilen
Widerstand gegen die (von der Weltbank zur Bedingung von Krediten gemachte VMR)
Privatisierung eines Rohstoffs, der heute
(wie sie sich ausdrückt) so wertvoll und lebenswichtig ist, wie damals
das Gold“.
Schon darüber lässt sich ergiebig diskutieren. Auch mit
Bezug zu Gedanken von Mastronardi.
Der Drehort des Films ist in den Anden (doch
darstellend des Kolumbus küstennahe
Conquista in Santo Domingo) und dies
ermöglicht das Verbinden des historischen Stoffs mit gegenwärtigen Kämpfen um
Autonomie im Rahmen unseren Einen Welt.
Thomas Felix
Mastronardi
Fürsprecher
10.
März 1943 – 30. Juni 2014
hat in
Brasilien seine letzte Ruhestätte gefunden. Er ist in seinem geliebten
Sitio in Fortaleza völlig unerwartet einem Herzversagen erlegen. Wir haben ihn
im brasilianischen Freundeskreis bereits verabschiedet; eine Erinnerungsfeier
findet demnächst in Horw im privaten Rahmen statt; eine öffentliche
Gedenkveranstaltung ist für das von ihm bisher mitgeleitete „Café philo“ vom
18. Oktober um 14 h im Alten Schloss in Bern Bümpliz geplant.
Wir
bitten alle, ihn als einen unermüdlichen Kämpfer für die Gerechtigkeit, als
einen Suchenden nach Weisheit und vor allem als einen zutiefst liebenden
Menschen in Erinnerung zu behalten.
Im
Namen seines trauernden Freundeskreises:
Philippe
Mastronardi
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