Montag, Februar 18, 2013

Wir waren kritische Marxisten

Neue MEGA zum KAPITAL
taz 4.Feb 2013, p. 16: Marx, der Mathematiker (Artikel zur Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung >“Das Kapital“ von Karl Marx. Zur vollendeten Edition eines unvollendeten Projektes< in Berlin), da heißt es
Für Generationen von MarxleserInnen galten die drei (blauen) Bände von Marx´ >Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie< … als … Schlüsselwerk. Marx (veröffentlichte nur Band I im Jahr 1867 und Auflage 2) starb 1883 und Friedrich Engels >vollendete< das Werk seines Freundes (so schien es)... Die … >blauen Bände< der Marx-Engels-Werke (23 - 25)… präsentierte(n) … einen Text, aber …nicht den, den Marx hinterlassen hat … In der neuen MEGA (Marx-Engels-Gesamtausgabe) umfasst >Das Kapital< heute 15 Bände in 22 Teilbänden auf 12 000 Seiten.“ „rund 5 000 Textänderungen (von Engels) im 2. Band >Das Kapital<. … Regina Rothe befasste sich mit Engels´Arbeit am 3. Band und belegte zum Beispiel, dass Engels das Wort >Zusammenbruch< in den Text einfügte ...“
(Mein) Kommentar: Marx´ Versuch einer systematischen Darstellung der kapitalistischen Gesellschaftsform ist Fragment geblieben und es ist bereits eine Übertreibung (so in der taz) - von einem „Rohbau“ zu sprechen, den Marx uns hinterlassen habe. Vielmehr muss selbst der Rohbau der Theorie noch teils rekonstruiert und teils neukonstruiert werden. Dies ist allerdings beinahe die Regel bei aktuell bleibenden „Klassikern“. Die Rolle von Engels ist kontrovers zu diskutieren. 
1.Wer wollte ihn um die Aufgabe beneiden, aus den immer wieder abbrechenden und neuansetzenden Marxschen Entwürfen zum >Kapital< (als Basis einer noch umfangreicheren Analyse) eine durchgängig nachvollziehbare Argumentation fertigzustellen? 
2.Wo verfestigt Engels durch „Hilfskonstruktionen“ und dogmatisch werdende „Popularisierung“ die unabgeschlossene Marxsche Bemühung   - zur Ideologie (siehe oben: Zusammenbruch), wo wird der wissenschaftliche Anspruch aufgegeben und geforderte Orthodoxie tritt an ihre Stelle?

Die Hinzufügungen von Engels zum „wissenschaftlichen Sozialismus“ entstehen oft aus Keimen Marxscher Formulierungen. Bei der Rekonstruktion kommt man um Re-Vision nicht herum. Aber ist die Konstanzer Dissertation von Zoran Djindjic überhaupt als ein Rekonstruktionsversuch Marxscher Grundüberlegungen zu sehen? (Es gibt im Text solche Formulierungen.) Oder ist seine Thematisierung von Marx´ kritischer Gesellschaftstheorie und dem Problem der Begründung Zorans Kritik der Kritik? Kommt sie zum Ergebnis der Zurückweisung der Marxschen Kritik unserer Form der Gesellschaft durch Aufzeigen von Problemen bei der Begründung?
>Unsere kapitalistisch – demokratische Gesellschaft< , das ist seit den Zeiten von Marx und Engels eine Kennzeichnung, die erst auf den englischen Manchester Kapitalismus zutraf, Marx zitiert gern die Berichte der Factory Inspectors ans Londoner Parlament, und dann auch auf kontinentaleuropäische Länder und überseeische Auswanderungsgebiete, insbesondere die USA - „erste Welt“ - den Ausdruck sollte man sich auf der Zunge zergehen lassen! Seit 1917 entsteht der Keimling einer „zweiten Welt“ unter dem roten Banner einer Union sozialistischer Volksrepubliken. Der nachrevolutionäre Name des vormaligen Zarenreiches ist expansionistisches Programm: Union der sozialistischen Sowjet – Republiken. Nach dem verlust- & siegreichen Verteidigungs- und Gegenangriffskrieg der Roten Armee dehnt sich die zweite Welt aus von Wladiwostok bis Berlin, Hauptstadt der DDR. Ein Sonderfall entsteht in Südosteuropa: Titos Partisanen vertreiben die italienischen und deutschen Besatzer überwiegend aus eigener Kraft und Jugoslavien sowie Albanien entziehen sich dem direkten militärischem Einfluss des „Ostblocks“. 

"Wir waren kritische Marxisten" - so der Autor des Filmes ZORAN DJINDJIC - Ein Leben (2005) im Rückblick auf gemeinsame Studien in Beograd. Und  sie waren glühende Kritiker der autoritär "kommunistischen" Staatsführung unter Tito in den frühen 1970ern.
Sie hatten Mühe, den  (Weg zum) Marxschen "Verein freier Menschen"  in Titos Vereinten Nationen der Südslawen zu sehen. 

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