Mittwoch, November 23, 2011

Bern/ Schloss Bümpliz 17.12.

Zum Gott der Philosophen & einer Aufgabe für Menschen

Dass wir vor der grossen Herausforderung stehen, im Weltmassstab Verantwortung zu übernehmen, da uns die ökologischen Probleme, die keine Grenzen kennen, dazu zwingen, ist heute von den meisten anerkannt. Doch nach welchen Grundsätzen und Prioritäten soll dies geschehen? – Bereits bei der Kernenergie scheiden sich die Geister: Ist sie technisch und organisatorisch mit all ihren Folgen beherrschbar und handhabbar oder hätte man sich wegen ihres grossen und langfristigen Risikos vernünftigerweise nicht auf sie einlassen lassen sollen? ... verblüffend, eine wie klare Anleitung zum Handeln bereits vor einiger Zeit der Philosoph Hans Jonas in seinem Buch „Prinzip Verantwortung“ (1979 !) gegeben hat?

Vom "Gott der Philosophen"

JONAS schnipsel 226 PLATON
Der platonische Eros, auf Ewigkeit und nicht auf Zeitlichkeit ausgerichtet, ist für seinen Gegenstand nicht verantwortlich. Das in ihm Angestrebte ist ein überlegenes Was, das nicht „wird“, sondern „ist“. Ein solches aber, dem die Zeit nichts anhaben kann, dem nichts widerfährt, kann nicht Gegenstand von Verantwortung sein. ...(225: (es) kann das Eigentliche, worauf der Mensch hinzustreben hat, gar nicht in der >>Horizontale<<, im Fortgang des Zeitlichen, sondern muss in der >>Vertikale<<, im Ewigen gesehen werden.)...
Verantwortlich kann frau/man nur für Veränderliches sein, für das von Verderbnis und Verfall Bedrohte S. 226 in: PV (prinzip verantwortung)

philosophische kritik

JONAS schnipsel 227f KANT
die Achse der Annäherung ist von der Vertikalen zur Horizontalen heruntergeklappt … das angestrebte Ziel liegt in der Zeitreihe … hier wird also dem äußeren Geschichtsverlauf anvertraut oder zugemutet, was im platonischen Schema dem inneren Aufstieg des Individuums aufgegeben war … (aber) die Zeit … gehört (bei Kant) nur zur phänomenalen Welt … und von deren Kausalität ist nicht zu erwarten, dass sie die im >>höchsten Gut<< geforderte Koinzidenz von Glückseeligkeit und sittlicher Würdigkeit dazu … als Allgemeinzustand herbeiführt … die Säkularisierung ist hier noch halbherzig S. 227 in: PV (prinzip verantwortung)

diesseitig Philosophieren


JONAS schnipsel 228 HEGEL

Erst Hegel tat den Schritt zur radikalen Immanentisierung. Die regulative Idee wird über die Köpfe der Wollenden und Handelnden hinweg konstitutiv und die Zeit, keineswegs bloße Erscheinung, zum echten Medium ihrer Verwirklichung, die durch die Selbstbewegung der Idee geschieht. Die >>List der Vernunft<< waltet nicht von außen, sondern durch die Geschichtsdynamik selbst
S. 228 in: PV (prinzip verantwortung)



JONAS schnipsel 228f MARX

bei Marx dann: das berühmte vom Kopf auf die Füße Stellen der Hegelschen Dynamik(1873 : siehe Marx-Engels-Werke 23, S. 27) und damit die Einschaltung bewussten Handelns ... beim revolutionären Schub. Die List der Vernunft fällt endlich mit dem Wollen der Akteure zusammen... Und obzwar die jetzt ihr Mandat sehend übernehmenden Akteure der Revolution nicht die Richtung des Prozesses bestimmen, so können sie doch Hebammendienste leisten. Hier zum ersten Mal wird Verantwortung für die geschichtliche Zukunft … auf die ethische Landkarte gesetzt und schon deshalb muss der Marxismus immer wieder zum Gesprächspartner in der Bemühung um eine Ethik geschichtlicher Verantwortung werden

JONAS schnipsel 7 JONAS

dies nenne ich >Heuristik der Furcht< : Erst die vorausgesehene Verzerrung des Menschen verhilft uns zu dem davor zu bewahrenden Begriff des Menschen. Wir wissen erst, was auf dem Spiel steht, wenn wir wissen, dass es auf dem Spiel steht.

JONAS schnipsel 8 JONAS
Da es … nicht nur um das Menschenlos, sondern auch um das Menschenbild geht, … so muss die Ethik … über die … Klugheit hinaus eine solche der Ehrfurcht sein.“ pv 8 Damit werden Kants Unterscheidungen von Verstand (Klugheit) und Vernunft und insbesondere Bezüge zur „3. Kritik“ aktiviert.

Chris MW regt an: Du solltest noch genauer auf den Gegensatz zw überlieferten Moraltheorien, die auf Liebe und Ehrfurcht basieren und der von Jonas geforderten neuen, der Ethik der Verantwortung eingehen und hervorheben, dass diese auf der Macht (Wissen) beruht, die die Verknüpfung von Wollen und Sollen ist ; meiner Meinung nach kennzeichnet das besonders gut Jonas Forderung nach einer neuen Ethik, eben 'Prinzip Verantwortung'. STIMMT

menschliches Können / Selbstkontrolle

JONAS Schnipsel 9 pv 232 f

Nur beim Menschen ist die Macht durch Wissen und Willkür vom Ganzen emanzipiert und kann dem Ganzen (und damit auch sich selbst) verhängnisvoll werden. Menschliches Können ist unser Schicksal und wird immer mehr zum allgemeinen Geschick. Darum erhebt sich bei uns Menschen aus dem Wollen das Sollen als Selbstkontrolle unserer bewusst eingesetzten Macht... Das erste Gebot: nicht das Erreichte ... durch die Art seiner Nutzung zu verderben ! … Das also, was Wollen und Sollen überhaupt verknüpft, die MACHT , ist ebendasselbe, was Verantwortung ins Zentrum der Moral rückt.

Fortschritte in der Vermeidung menschlichen Unglücks -
Aufklärung zum Glück ?


HAMPE 2009: p.83f

… eine nackte Tatsache, an die heute nur noch wenige Philosophen glauben wollen, es sei denn, sie haben sie selbst im Bauch und der Schmerz zwingt sie, sie als gegeben hinzunehmen und dadurch unglücklich zu werden … erkenne ich (die Tatsache) an, so kann ich beginnen, etwas (da)gegen zu unternehmen... Denn ich will nicht unglücklich sein. Was ich dagegen tun kann, hängt von (menschlicher) Macht ab... Die Fähigkeit zu erwerben, die Dinge so zu sehen, wie sie sind, um dann die Macht aufzubauen, sie so zu verändern, wie wir sie haben wollen, ist das Problem, das zu lösen ist, wenn man Fortschritte in der Vermeidung des Unglücks machen will. Das sind die zwei Schritte auf dem naturwissenschaftlich-technischen Weg der Aufklärung zum Glück.

Keine Kommentare: