Mittwoch, August 26, 2020

beseelt - entseelt

Am 20.8.2020 traf sich die SinnPraxis-Literaturgruppe (nach einer Sommerpause) im Singener Stadtgarten von Ute und Carlo, um Michael Hampe´s einfallsreicher Dekonstruktion von SEELE weiter zu folgen. Wir kamen bis 225, Kagami zu Aaron Fisch: "Mit deiner Erzählung beseelst du Moritz ja noch einmal, oder du holst ihn als Seele zurück. Und wenn die Seele ein Ideal der Vereindeutigung ist, dann ist das vielleicht auch der Erzählung, die beseelt, geschuldet." Von dieser Überlegung ausgehend kann ein mißglückter Satz auf 223 dann so lauten: "Nicht die Unsterblichkeit der Seele oder die Vereindeutigung ... sind das eigentliche Lebensproblem, sondern ob wir über die Vorgänge in unserem Bewußtsein Macht haben oder nicht." Kurz darauf , am 24. in Allensbach ein Spätsommerabend mit grandiosem Seeblick - Übergang zum Tag Drei: "Als der Tee fertig war, setzte sich Aaron Fisch an den Tisch, gab Pflaumen, Preiselbeeren und Joghurt zu seinem Porridge, drückte auf sein Lesegerät und las, während er den ersten Löffel warmkalten Hafer-Joghurt-Preiselbeerbreis in seinem Mund schmeckte: Snowdrop Now is the globe shrunk tight Round the mouse´s dulled wintering heart. We(a)sel and crow, as if moulded in brass, Move through an outer darkness Not in their right minds, With the other deaths... Fortgeführt mit "She," - doch worauf soll sich dies feminine Pronomen singularis beziehn? (244) Auf "mouse"?- too, pursues her ends, brutal as the stars of the month, her pale head heavy as metal. Und 246: "Dann las er nochmal das Gedicht: -(unkommentiert diesmal auf Deutsch)- Schneeglöckchen Jetzt ist die Welt eng zusammengezogen um das gedämpfte winterliche Herz der Maus. Wiesel und Krähe, wie in Messing gegossen, Bewegen sich durch eine äüßere Dunkelheit Nicht ganz bei Sinnen. Zusammen mit den anderen Toden. - wieder mit einem Syntax-Bruch fortgesetzt - Es verfolgt auch seine Ziele Grausam wie die Sterne dieses Monats ... DeepL hilft zu einer alternativen Übertragung des englischen Originals ins Deutsche: Schneegestöber jetzt ist der Globus zusammengeschrumpft um das stumpfe, überwinternde Herz der Maus. Wiesel und Krähe, wie in Messing gegossen, bewegen sich durch eine äußere Finsternis nicht bei klarem Verstand, mit den anderen Todesfällen. Auch ... verfolgt ... Ziele, brutal wie die Sterne des Monats, der bleiche Kopf schwer wie Metall. Aaron Fisch hatte auf den Zufallsgenerator auf seinem Reader gedrückt. "und ausgerechnet dieses Gedicht von Ted Hughes war gekommen ... schien sich direkt auf seine Situation zu beziehen.

Samstag, August 22, 2020

Die Wildnis.Die Seele

Am 20.8.2020 traf sich die SinnPraxis-Literaturgruppe (nach einer Sommerpause) im Singener Stadtgarten von Ute und Carlo, um Michael Hampe´s einfallsreicher Dekonstruktion von SEELE weiter zu folgen. Wir kamen bis 225, Kagami zu Aaron Fisch: "Mit deiner Erzählung beseelst du Moritz ja noch einmal, oder du holst ihn als Seele zurück. Und wenn die Seele ein Ideal der Vereindeutigung ist, dann ist das vielleicht auch der Erzählung, die beseelt, geschuldet." Von dieser Überlegung ausgehend kann ein mißglückter Satz auf 223 dann so lauten: "Nicht die Unsterblichkeit der Seele oder die Vereindeutigung ... sind das eigentliche Lebensproblem, sondern ob wir über die Vorgänge in unserem Bewußtsein Macht haben oder nicht." Kurz darauf in Allensbach ein Spätsommerabend mit weitem Blick ...

Freitag, August 14, 2020

Contemporary Socrates? Leon de Haas zum Gedenken

Lieber Leon, Du hast uns überrascht! Metaphorisch fragen können wir nach dem Menschen-Schmetterling. Denn (Ei), Raupe und Puppe zusammengenommen lassen sich als "irdisches Leben" auffassen. Aus dem letzten Stadium löst sich ein fliegendes Wesen. Platon lässt Sokrates im Phaidon "gerade entfesselt" (Band 3 der Ausgabe WBG, S. 11) vor den eingetretenen Freunden um Kriton philosophieren: "weil ich von der Fessel in dem Schenkel vorher einen Schmerz /12/ hatte, so kommt mir nun die angenehme Empfindung hintennach." Auch dies eine Metapher für ein "Leben" nach dem Tod? (afterlife) Sokrates räumt den mit ihm philosophierenden Freunden gegenüber an seinem letzten Tag im irdischen Leben ein, "nicht unwillig zu sein über den Tod" 63b (S.21). Er sei "der frohen Hoffnung, dass es etwas gibt für die Verstorbenen und … etwas weit Besseres für die Guten als für die Schlechten" 63c - 4 Jahrhunderte vor der christlichen Zeit formulierte Jenseitshoffnung! (Vielleicht nicht der unwichtigste Punkt für das spätere Andocken der Christen des römischen Reichs an klassische Griechische Philosophie bzw. für die Fortsetzung der Verehrung des Sokrates auch in "christlicher Zeit".) Und 64a "will ich nun Rede darüber stehen, dass ich mit Grund der Meinung bin, … (wer) wahrhaft philosophisch das Leben vollbracht, müsse getrost sein, wenn (sie oder) er im Begriff ist zu sterben, … dort Gutes in vollem Maß erlangen werde".  War Platon ein Vorreiter NARRATIVER PHILOSOPHIE? Im Folgenden lässt er Sokrates - wie HAMPE2020 den Moritz Brandt - in die Richtung spekulieren: das irdische Leben (die Raupe und Puppe des Schmetterlings) muss zurückgelassen werden, damit die Erlösung zum "luftigen Leben" geschehen kann. Platons SOKRATES im Phaidon : die Seele "denkt offenbar am besten, wenn … weder Gehör noch Gesicht noch Schmerz und Lust (sie trübt), sondern die Seele am meisten ganz für sich ist, den Leib gehen lässt und soweit möglich (ohne Gemeinschaft mit ihm) dem Seienden nachgeht." 65c DEM ARGUMENT ZU FOLGEN fällt uns Gegenwärtigen schwer - war das anders in der von J.L. DAVID gemalten Szene? headed straight on into the afterlife